Zwist um Famienetat : Opposition kritisiert falsche Schwerpunkte
Die Opposition kann mit dem Etatentwurf von Familienministerin Lisa Paus wenig anfangen. Die Koalition verweist auf die Kindergrundsicherung.
Der Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für 2024 machte am Dienstag den Anfang bei den Haushaltsberatungen im Bundestag. Der Einzelplan 17 sieht Ausgaben von 13,35 Milliarden Euro vor gegenüber 13,57 Milliarden im laufenden Jahr und unterliegt damit Kürzungen in einer Größenordnung von etwa 1,5 Prozent.
In der Debatte übten die Oppositionsfraktionen deutliche Kritik an den Plänen der Koalition. So warf die Union der Regierung vor, falsche Schwerpunkte zu setzen, die AfD meldete "erheblichen Korrekturbedarf" an und Die Linke kritisierte die finanzielle Ausstattung als zu gering. Die Koalition verwies im Gegenzug darauf, dass man in bislang nicht gekannten Krisenzeiten den Schwächsten helfe, strukturelle Kinderarmut bekämpfe und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärke. Die Kürzungen seien ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
Ministerin verteidigt Kindergrundsicherung
"Mehr Kinder werden mehr Geld erhalten", verteidigte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) die geplante Kindergrundsicherung, die 2025 eingeführt werden soll. Das sozio-kulturelle Existenzminimum werde neu berechnet. Mindestens 530 Euro im Monat gebe es für die Kleinsten. Kinder bräuchten eine angemessene Existenzsicherung. Vernachlässigen werde langfristig mehr kosten, sagte die Ministerin.
Gemessen an ihren eigenen Ankündigungen lege die Ministerin einen Haushalt der Kürzungen vor und setze mit der Förderung befristeter Projekte anstelle gewachsener Strukturen falsche Schwerpunkte, sagte Silvia Breher (CDU) für die CDU/CSU-Fraktion. Der Verwaltungsaufwand steige, die Antragstellung werde komplizierter. "Ihnen fehlt eine Struktur, ein roter Faden, eine Vision", kritisierte die Christdemokratin.
Die Koalition betreibe in schwierigen Zeiten Krisenmanagement und setze trotzdem die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag um, entgegnete Felix Döring (SPD). Dazu gehörten Investitionen in die Zukunft der Kinder. Seit der Einführung von Kindergeld und Kinderzuschlag stemme man die größte Erhöhung.
Kein Lob fand Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) für einen Etatansatz, der "nicht das Wohl der Familien im Auge" habe. "Wir sehen erheblichen Korrekturbedarf." Die beim Elterngeld, bei der Kinder- und Jugendhilfe und den Freiwilligendiensten gestrichenen Mittel brauche man, um die Schäden, die Corona bei den Kindern angerichtet habe, zu reparieren.
Linke: "Die Kindergrundsicherung verdient ihren Namen nicht"
Auch beim Staatshaushalt "ist eine Zeitenwende nötig", rechtfertigte Claudia Raffelhüschen (FDP) die Kürzungen und unterstrich die Notwendigkeit solider Haushaltsführung. "Das Familienministerium trägt damit seinen Teil zur Haushaltskonsolidierung bei." Das sei auch ein Gebot der Generationengerechtigkeit. Steigende Schulden engten den Handlungsspielraum unserer Kinder ein.
"Die Kindergrundsicherung verdient ihren Namen nicht", sagte Gesine Lötzsch (Die Linke), sei sie doch mit viel zu geringen Mitteln ausgestattet und komme 2025 zu spät. Die Bundesregierung habe ihren Kampf gegen Kinderarmut aufgegeben.
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Mit der Kindergrundsicherung werde Kinderarmut effektiv bekämpft, hielt dem Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen) entgegen. Finanzielle Ungerechtigkeiten zwischen Kindern auszugleichen, bedeute mehr Bildungschancen, und diese seien auch ein Gebot ökonomischer Vernunft. Daher sei der Etatansatz "doppelt richtig".
Größter Einzelposten ist das Elterngeld
Die gesetzlichen Leistungen für Familien umfassen 12,13 Milliarden Euro (2023: 12 Milliarden). Größter Einzelposten ist dabei mit 7,99 Milliarden Euro das Elterngeld (2023: 8,28 Milliarden). Auf Kindergeld und Kinderzuschlag entfallen 2,53 Milliarden Euro (2023: 2,22 Milliarden), davon 2,15 Milliarden Euro auf den Kinderzuschlag für geringverdienende Familien (2023: 1,87 Milliarden) und 210 Millionen Euro (wie 2023) auf das Kindergeld.
Eingespart werden soll bei der Kinder- und Jugendpolitik, für die nach dem vorgelegten Haushaltsentwurf noch 527,92 Millionen Euro bereitstehen, gegenüber 746,79 Millionen im Jahr 2023. Die Zuschüsse und Leistungen für laufende Zwecke an Länder, Träger und Aufgaben der freien Jugendhilfe summieren sich auf 194,55 Millionen Euro (2023: 239,13 Millionen). 415,82 Millionen Euro sind für die Stärkung der Zivilgesellschaft, für Familien-, Gleichstellungs- und Seniorenpolitik veranschlagt (2023: 505,49 Millionen). Gekürzt werden soll auch beim Bundesfreiwilligendienst, und zwar von 207,2 Millionen Euro 2023 auf 154,2 Millionen im nächsten Jahr, während für die Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie mit 200 Millionen Euro Ausgaben in gleicher Höhe vorgesehen sind wie in diesem Jahr.