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Haushalt für Arbeit und Soziales : Milliardenzuschuss für die Renten

Der Sozialetat wird auch im nächsten Jahr der mit Abstand größte Einzelposten im Bundeshaushalt sein. Die Fraktionen sehen aber noch viel Beratungsbedarf.

11.09.2023
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3 Min

Noch viel Beratungsbedarf sehen Abgeordnete von Koalition und Opposition beim Etat 2024 für Arbeit und Soziales, der am Freitag in erster Lesung auf der Tagesordnung stand. Mit Ausgaben von 171,67 Milliarden Euro wird er auch im nächsten Jahr der mit Abstand größte Einzelposten im Bundeshaushalt sein. Im laufenden Jahr liegt der Sozialetat bei 166,23 Milliarden Euro. Die Steigerung beruht fast ausschließlich auf einem höheren Bundeszuschuss zur Rentenversicherung. In der ersten Beratung war nicht nur viel Kritik aus der Opposition zu hören, auch Abgeordnete der Koalition meldeten Gesprächsbedarf für die anstehenden parlamentarischen Beratungen an.

Ressortchef Heil will Rentenpaket vorlegen

Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) betonte, dass es bei seinem Etat nicht nur um Geld gehe, sondern "im Kern darum, was unser Land zusammenhält". Heil erläuterte, welche Leistungsverbesserungen, Abgabenentlastungen und Arbeitsmarktreformen die Ampel-Koalition bereits auf den Weg gebracht habe.

Foto: picture alliance / photothek

Die Steigerung im kommenden Jahr beruht fast ausschließlich auf einem höheren Bundeszuschuss zur Rentenversicherung.

Er verwahrte sich gegen Kritik an der jüngsten Erhöhung des Bürgergeldes, die das grundgesetzlich garantierte Existenzminimum sichere. Auch lohne es sich, anders als von der Union behauptet, zu arbeiten, weil der Mindestlohn erhöht worden sei und die Koalition die Abgabenlast für Geringverdiener gesenkt habe. Heil kündigte an, in Kürze ein Rentenpaket vorzulegen, das die Alterssicherung für den anstehenden demografischen Wandel vorbereiten werde. Eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalter lehnte der Minister als "lebensfremd und ungerecht" ab, allerdings wolle die Regierung das "reale Renteneintrittsalter" steigern.

Hermann Gröhe (CDU) sprach von einer "Selbstbelobigungsrede", die alles andere als angebracht sei. Der Haushaltsentwurf sei ein "Offenbarungseid für falsche Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik", für den es von Kommunalverbänden bis hin zu Sozialverbänden und Gewerkschaften Kritik hagele.

Heil verstehe nicht, dass "eine starke Wirtschaft das Fundament einer verlässlichen sozialstaatlichen Ordnung ist". Die Priorität eines Sozialministers müsse sein, Menschen in Arbeit zu bringen. Stattdessen wolle Heil den Jobcentern "mehr Aufgaben, aber weniger Geld zuweisen".

Kritik an geplanten Kürzungen bei Arbeitsmarktförderung

Markus Kurth (Grüne) zog in Zweifel, dass der Sozialpolitiker Gröhe für die ganze Union spreche, und arbeitete sich an dessen Fraktionsvorsitzendem Friedrich Merz (CDU) ab. Dieser habe mit der Behauptung, dass sich nach der jüngsten Bürgergelderhöhung Arbeit nicht mehr lohne, schlicht "die Unwahrheit gesagt". Eine solche Äußerung sei schädlich und "zersetzt am Ende des Tages das Fundament unserer Demokratie".


„Sie wollen die Armen gegen die Armen aufhetzen!“
Gesine Lötzsch (Die Linke)

Kurths Fraktionskollegin Beate Müller-Gemmeke (Grüne) meldete Beratungsbedarf insbesondere bei zwei Themenbereichen an: Bei der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Zuständigkeitsverlagerung für Arbeitslose unter 25 Jahren von den Jobcentern auf die Arbeitsagenturen und bei den geplanten Kürzungen der Arbeitsmarktförderung.

Für die AfD-Fraktion hielt René Springer der Regierung vor, deren Umgang mit den Finanzmitteln gefährde "die Grundlagen des Staates und den sozialen Frieden". Er machte dies unter anderem daran fest, dass sich beim Bürgergeld zuletzt die Aufwendungen für deutsche Bezieher halbiert, für ausländische Bezieher dagegen verdoppelt hätten. Auf diese "Einwanderung auf Kosten der deutschen Steuerzahler" hinzuweisen sei kein Populismus, es sei ein statistischer Fakt. Springer sprach außerdem von einer "schrumpfenden Distanz" zwischen Arbeitseinkommen und Bürgergeld, weshalb viele Arbeitnehmer "keinen Sinn mehr in ehrlicher Arbeit" sähen. Diese Politik sei "nichts anderes als Sabotage am eigenen Volk".

FDP: Etat ist "kein Sparhaushalt"

Nach Einschätzungen von Cornelia Raffelhüschen (FDP) ist der Etatentwurf "trotz notwendiger Konsolidierung kein Sparhaushalt", denn er liege deutlich über Vor-Corona-Niveau. Vorrangiges Ziel müsse es sein, "der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen", nur so ließen sich die Sozialleistungen aufrechterhalten. Wichtig sei zudem, die Beiträge zu den Sozialversicherungen konstant zu halten, nur das sei "wirklich generationengerecht". Auch sie meldete viel Beratungsbedarf im parlamentarischen Verfahren an.

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Gesine Lötzsch (Linke) bemängelte: "Die Koalition verwaltet die Armut im Land, sie bekämpft sie nicht." Die Regierung beschütze Vermögende mehr als die Armen. An die "rechte Seite" des Plenarsaales gewandt, sagte sie angesichts des Vorwurfs eines zu geringen Abstands zwischen Niedriglöhnen und Sozialleistungen: "Sie wollen die Armen gegen die Armen aufhetzen".

Gegen Kritik von allen Seiten an der Regierungsvorlage verwahrte sich Kathrin Michel (SPD). "Wir sorgen dafür, dass alle, Berufstätige, Rentnerinnen und Rentner und Arbeitssuchende gleichermaßen gut durch diese Zeit kommen", sagte sie und verwies auf den "historisch höchsten Wert sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung". Die SPD-Abgeordnete sagte zu, den Jobcentern "auskömmliche" Mittel zur Verfügung zu stellen, und appellierte an die Unionsfraktion: "Lassen Sie es uns gemeinsam tun".