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Expertenanhörung zum Kinderschutzgesetz : Sachverständige loben "Meilenstein" gegen Missbrauch

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung des Kinderschutzes ist bei Verbänden auf ein sehr positives Echo gestoßen.

08.11.2024
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3 Min

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung des Kinderschutzes ist bei Verbänden auf ein sehr positives Echo gestoßen. In der öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zu dem Entwurf am Montag forderten sie zugleich aber mehr Unterstützung von Missbrauchsopfern.

Hauptbestandteil des Gesetzentwurfes ist die gesetzliche Verankerung der bestehenden Einrichtung der oder des Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen (Unabhängige Bundesbeauftragte). Zudem ist eine Berichtspflicht für die Unabhängige Bundesbeauftragte zum Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgesehen. Um Betroffene wirksam und verlässlich bei individuellen Aufarbeitungsprozessen zu unterstützen, will der Bund ein Beratungssystem bereitstellen. Die Verbindlichkeit des staatlichen Auftrags zur allgemeinen Aufklärung, Sensibilisierung und Qualifizierung soll durch einen gesetzlichen Auftrag an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung konkretisiert werden, heißt es im Entwurf.

Kerstin Claus betont die Bedeutung von Zahlen

Die Unabhängige Beauftragte Kerstin Claus bezeichnete den Gesetzentwurf als "Meilenstein" im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Die stärkste Wirkung werde die künftige Berichtspflicht ihres Amtes an den Bundestag, die Bundesregierung und den Bundesrat entfalten. Diese Berichte würden künftig allen Beteiligten deutlich machen, in welchem Maß Kinder und Jugendliche sexueller Gewalt ausgesetzt seien und die Lücken im Kinderschutz sichtbar machen, sagte Claus. "Wir brauchen diese Zahlen", betonte sie.

Unter anderem die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen, forderte, "die finanziellen und personellen Ressourcen zu stärken", um die Ziele des Entwurfs zu erreichen.


„Kostenneutral wird das nicht gehen. Sie können nicht alles im Ehrenamt leisten.“
Angela Marquardt, Mitglied des Betroffenenrates

Als "verstörend" bezeichnete der Vorsitzende des Vereins "gegen-missbrauch", Ingo Fock, die "Begleitdiskussion aus ökonomischen Gründen". Die Nicht-Aufarbeitung von Missbrauch führe sehr oft dazu, dass Traumatisierte auf Sozialleistungen angewiesen seien. Fock forderte, vor allem die Fachberatungsstellen finanziell zu stärken. Silke Noack von der Nationalen Informations- und Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend wies auf die Notwendigkeit einer guten Erreichbarkeit von Beratungsangeboten hin, um die Zugangsschwelle niedrig zu halten. Es gebe viel zu wenige Beratungsstellen, kritisierte sie.

Die Experten plädieren für eine häufigere Berichtspflicht 

Auch Angela Marquardt, Mitglied des Betroffenenrates bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, verwies auf eine unzureichende Finanzierung. "Kostenneutral wird das nicht gehen", erklärte sie im Blick auf die erweiterten Aufgaben, "Sie können nicht alles im Ehrenamt leisten".

Worum geht es?

📋 Kern des Gesetzentwurfes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist die gesetzliche Verankerung der Struktur der oder des Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und eine Berichtspflicht zum Ausmaß des Missbrauchs.

👫 Um Betroffene bei individuellen Aufarbeitungsprozessen besser zu unterstützen, soll das Beratungssystem ausgebaut werden.



Der Kinder- und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert, der 2010 von der ersten Unabhängigen Beauftragten mit der Begleitforschung beauftragt worden war, forderte eine Berichtspflicht nicht nur einmal pro Legislaturperiode, sondern jährlich oder mindestens alle zwei Jahre. Letzteres kristallisierte sich im Verlauf der Anhörung als Konsens heraus.

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Mehrere Sachverständige bemängelten so wie der Generalsekretär und Geschäftsführer des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Marc Frings, die vorgesehene Altersgrenze von 50 Jahren für das Recht auf Akteneinsicht. Sehr oft komme die Bereitschaft zur Aufarbeitung der Jugenderlebnisse erst im höheren Alter. Mehrfach kritisiert wurde auch der Geltungsbereich des Gesetzes, der sich im Wesentlichen auf staatliche und staatlich geförderte Einrichtungen der Jugendhilfe erstreckt.

Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut erinnerte an das "sehr viel weitergehende" Schutzkonzept des 2010 einberufenen Runden Tischs Sexueller Kindesmissbrauch, das alle Angebote für Minderjährige bis hin zu Jugendreisen und Musikschulen umfasse. Einhellig mahnten die Experten, das Gesetz zügig zu beschließen.