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Speicherung von IP-Adressen : Union bleibt mit Forderung nach Speicherpflicht allein

Die Union dringt weiter darauf, IP-Adressen zur Strafverfolgung und Terrorabwehr zu speichern. Doch eine Mehrheit im Bundestag ist nicht in Sicht.

19.01.2024
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3 Min

Die von der Unionsfraktion schon mehrfach geforderte Speicherung von IP-Adressen hat in der vergangenen Woche erneut keine Mehrheit im Bundestag gefunden. Ihre Anträge zum Thema Terrorismusbekämpfung und zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch mithilfe von IP-Adressen wurden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt. Die AfD enthielt sich beim ersten Antrag, beim zweiten stimmten die Abgeordneten mit den Ampelfraktionen. Mit Hilfe von IP-Adressen lassen sich Geräte im Internet identifizieren - und gegebenenfalls auch die Eigentümer des Anschlusses.

Den Antrag für ein Maßnahmenpaket zum Schutz der Bevölkerung vor potenziellen Terroristen begründete Alexander Throm (CDU) mit einer hohen Gefährdungslage durch islamistischen Terrorismus. Von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) wünsche er sich, dass sie so engagiert wie gegen Rechtsextreme auch gegen islamistischen Terrorismus vorginge.

Union: Über Speicherdauer kann diskutiert werden

Throm verwies auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom September 2022, in dem die anlasslose Vorratsdatenspeicherung bei einer Bedrohungslage für zulässig erklärt werde. Über das notwendige zeitliche Minimum könne man diskutieren. Das von der FDP und den Grünen angebotene Quick-Freeze-Verfahren, bei dem bei einem Anfangsverdacht Daten zu Nutzern für einen bestimmten Zeitraum gespeichert werden, nütze dabei nichts.

Für die SPD betonte Dorothee Martin, die Gefahr islamistischer Anschläge sei hoch, aber der Sicherheitsapparat sei darauf eingestellt. Dies habe sich bei den vereitelten Anschlägen vor Weihnachten gezeigt. Wichtig sei aber, wenn man über Terrorismus rede, alle damit verbundenen Gefahren zu sehen. Die Bedrohung durch islamistischen Terror sei real, doch die größte akute Bedrohung in Deutschland gehe ganz klar vom Rechtsextremismus aus.


„Ich teile ausdrücklich die Haltung unserer Bundesinnenministerin, die aus guten Gründen eine gesetzlich verpflichtende IP-Adressenspeicherung fordert.“
Sebastian Fiedler (SPD)

Auch Lamya Kaddor (Grüne) fand die Vernachlässigung von rechtem Terrorismus in dem Antrag auffallend. Die terroristische Bedrohungslage habe sich seit dem Hamas-Angriff auf israelische Zivilisten verschärft, sagte sie, und Deutschland müsse effektiv vor Terrorgefahr geschützt werden. Mit der Ausweitung der Kompetenzen und Befugnisse von Polizei- und Sicherheitsbehörden meine die Union dieser Gefahr begegnen zu können. Dabei stehe hinter der Rechtmäßigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen ein großes Fragezeichen.

Für Manuel Höferlin (FDP) hält der Antrag nicht, was der Titel verspricht. Er sei keine ernsthafte Grundlage für gemeinsame Anstrengungen zur Gefahrenabwehr. Die Forderung der Union stamme aus dem Jahr 2007, seitdem drehe sich die Politik bei der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung im Kreis. Und angesichts vieler Urteile, zuletzt vom EuGH, sei klar, dass sie der falsche Weg sei.

AfD wirf Union Heuchelei vor

Martin Hess (AfD) warf der Union vor, einen unglaubwürdigen und heuchlerischen Antrag vorgelegt zu haben, da die damalige unionsgeführte Bundesregierung für die illegale Massenmigration inklusive der Einreise potenzieller islamistischer Terroristen verantwortlich sei.

In ihrem Antrag kritisiert die Unionsfraktion, dass die Hälfte aller Terroranschläge in den letzten Jahren nur durch Hinweise ausländischer Nachrichtendienste habe verhindert werden können, und fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf, der den vom EuGH eingeräumten gesetzgeberischen Spielraum zur Speicherung von IP-Adressen umsetzt, als auch einen Gesetzentwurf für ein "Anti-Terror-Gesetz" vorzulegen und die Präventionsarbeit zur Verhinderung von Radikalisierung zu verstärken.

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In ihrem zweiten Antrag mit dem Titel "IP-Adressen rechtssicher speichern und Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen" fordert die Unionsfraktion die anlasslose sechsmonatige Speicherung von IP-Adressen "zur Verfolgung der Straftaten des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Kinderpornografie". Bei der Verfolgung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie im Internet sei die IP-Adresse häufig die einzige Spur zum Täter, heißt es darin.

In der Debatte warnten Redner und Rednerinnen erneut vor einer rechtswidrigen Totalüberwachung. Allerdings bedauerte Sebastian Fiedler (SPD), dass die Ampel noch keinen eigenen Gesetzentwurf diskutieren könne. Es gebe keine Alternativen zur IP-Adressenspeicherung, die den Strafverfolgungsbehörden helfen würden. Auch Quick-Freeze sei keine. Der Antrag überschreite allerdings den vom EuGH gesetzten zeitlichen Rahmen und sei allein deswegen abzulehnen.