Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung : Bundestag beschließt Finanzreform
Gesundheitsminister Lauterbach will das Defizit der Krankenversicherungen in Höhe von rund 17 Milliarden Euro ausgleichen - und das ohne Leistungskürzungen.
Mit einer Finanzreform soll das von Gesundheitsexperten für 2023 errechnete Defizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Höhe von rund 17 Milliarden Euro ausgeglichen werden. Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegte Gesetz zur Stabilisierung der GKV-Finanzen wurde in der vergangenen Woche mit den Stimmen der Ampel-Koalition und gegen das geschlossene Votum der Opposition beschlossen, die das Gesetz für kurzfristige Kosmetik hält und eine nachhaltige Finanzierung der Krankenkassen einforderte.
Die gesetzlich Versicherten müssen sich 2023 auf einen um 0,3 Prozentpunkte höheren Zusatzbeitrag einstellen. Der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds soll um zwei auf 16,5 Milliarden Euro erhöht werden. Ferner will der Bund der GKV ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro gewähren. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen sich dafür an der Stabilisierung der Beitragssätze beteiligen. Dazu werden die Liquiditätsreserven weiter abgeschmolzen. Auch die Obergrenze für die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds soll halbiert werden.
Honorarsteigerungen sollen begrenzt werden
Gespart wird auch bei Ärzten, Apothekern und der Pharmaindustrie. Geplant ist eine Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärzte. Für 2023 ist ferner ein um fünf Prozentpunkte erhöhter Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel eingeplant. Das Preismoratorium für Arzneimittel wird bis Ende 2026 verlängert.
Der Apothekenabschlag zugunsten der Krankenkassen wird von 1,77 Euro auf zwei Euro je Arzneimittelpackung erhöht, auf zwei Jahre befristet. Vorgesehen sind außerdem angepasste Regelungen für die Erstattungsbeträge im Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG).
In den Ausschussberatungen wurden einzelne Regelungen zugunsten der Pharmafirmen, Ärzte und Krankenkassen geändert. Neugefasste Regelungen zielen darauf ab, den Pharmastandort zu stärken und die Bereitstellung von Wirkstoffen zur Behandlung seltener Erkrankungen zu fördern. Zudem wird das sogenannte Schonvermögen der Krankenkassen auf vier Millionen Euro erhöht. Damit soll sichergestellt werden, dass vor allem kleine Krankenkassen nach der Abschmelzung von Rücklagen noch genügend Finanzreserven behalten.
Kritik von der Opposition
Auf die komplette Abschaffung der extrabudgetären Vergütung vertragsärztlicher Leistungen bei sogenannten Neupatienten, die als wenig erfolgreich eingeschätzt worden war, wird verzichtet. Stattdessen soll die Regelung reformiert werden mit einem zielgenaueren Anreizsystem für die Vermittlung und schnelle Behandlung von Patienten.
In der Schlussberatung zeigte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufrieden: "Das 17-Milliarden-Euro-Defizit wird behoben, ohne dass es zu Leistungskürzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung kommt." Er wisse gar nicht, wo er anfangen soll mit seiner Kritik, erwiderte dagegen Tino Sorge (CDU). Denn "das ist ein Problem-Verschiebe-Gesetz", mit dem Beitragszahler, Ärzte und Apotheker belastet würden. Martin Sichert (AfD) warf der Regierung vor, sie verhalte sich "wie eine Räuberbande", die das Land plündere und verwüste.
Auf 17 Milliarden Euro wird das Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung für 2023 geschätzt. Die Bundesregierung hält mit einem Reformgesetz dagegen.
Die Corona-Pandemie hat weiter erhebliche Auswirkungen auf den Gesundheitsetat, der 2022 auf ein Rekordniveau von rund 52,6 Milliarden Euro steigt.
Der Etat des Gesundheitsministeriums für 2023 schrumpft deutlich. Vor allem die Finanzlage bei den Krankenhäusern hat sich mit der Energiekrise zugespitzt.
Maria Klein-Schmeink (Grüne) betonte, die Zumutungen seien vertretbar, denn man müsse riesige Beitragssprünge verhindern. Andrew Ullmann (FDP) ergänzte, ohne den Gesetzentwurf würde der Zusatzbeitrag um mindestens ein Prozentpunkt steigen. Christos Pantazis (SPD) sagte, die Regierung habe sich bemüht, die Lasten auf mehreren Schultern zu verteilen und eben nicht einseitig auf jenen der Versicherten. Kathrin Vogler (Die Linke) kritisierte, dass die Krankenkassen ihr Defizit größtenteils selbst stopfen sollen, indem sie ihre Rücklagen verbrauchen, also Gelder der Versicherten.