Legalisierung von Cannabis : Gibt es ein Recht auf Rausch?
Mit der Legalisierung von Cannabis soll der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden. Im Bundestag gibt es scharfe Kritik an den Plänen der Ampel.
Nach jahrelangen hitzigen Debatten soll die heftig umstrittene Legalisierung von Cannabis nun doch noch Realität werden. Befürworter im Bundestag haben sich lange dafür engagiert, Anträge und Gesetzentwürfe vorgelegt, sie haben mit der gescheiterten Prohibition argumentiert, mit guten Erfahrungen in anderen Ländern und einschlägigen Statistiken zur Belastung von Justiz und Polizei - alles umsonst. Bis jetzt. Am Mittwoch stand die von der Ampel-Koalition geplante Cannabis-Legalisierung in erster Lesung auf der Tagesordnung des Parlaments.
Hanf (Cannabis) ist eine alte Kulturpflanze mit einem breiten Wirkungsspektrum. Die Pflanzenteile mit dem Wirkstoff THC sind als Droge bisher aber verboten.
Es ist eine Art Vorzeigeprojekt der Koalition, das allerdings nach wie vor stark polarisiert und in Fachkreisen teilweise sehr kontrovers und emotional diskutiert wird. Als der Bundestag 2016 ein Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften beschloss, um die Möglichkeiten der ärztlichen Verordnung von Cannabisarzneimitteln zu erweitern, galt das bereits als großer Schritt. Dabei ist das Hanfgewächs eine erprobte Heilpflanze, deren Wirkstoffe schon vor mehreren Tausend Jahren in Asien bekannt waren und die auch heute noch sehr geschätzt werden. Weil jedoch Cannabis als Droge in Verruf geraten ist, tat sich der Gesetzgeber lange schwer mit der Legalisierung, die nun Anfang 2024 in Kraft treten soll.
Streng genommen eine Teil-Legalisierung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung trägt die Legalisierung allerdings nicht im Titel, die Rede ist von einem "kontrollierten Umgang mit Cannabis". Erwachsene dürfen künftig bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum besitzen. Möglich werden soll zudem der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen.
Außerdem dürfen nichtgewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis zum Eigenkonsum an Mitglieder abgeben. Dabei gelten strenge Vorschriften. Die Mitgliederzahl in den Clubs wird auf 500 begrenzt. An Mitglieder weitergegeben werden dürfen bis zu 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat. An Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren dürfen maximal 30 Gramm pro Monat ausgegeben werden mit einer Begrenzung des Wirkstoffgehalts (Tetrahydrocannabinol, THC) auf zehn Prozent. Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sollen Konsumverbotszonen gelten und ein Werbeverbot für Cannabis. Geplant ist außerdem eine Aufklärungskampagne über die Wirkung und die Risiken der Droge Cannabis. Streng genommen handelt es sich um eine Teil-Legalisierung, denn in einer sogenannten zweiten Säule soll später in regionalen Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten eine weitergehende Freigabe erprobt werden.
Während die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und Linken die Legalisierung für richtig halten, bleibt die Union bei ihrer Ablehnung und fordert in einem Antrag, die Neuregelung zu stoppen. Auch die AfD-Fraktion spricht sich in einem Antrag dafür aus, das Projekt aufzugeben und sich auf den Einsatz von Medizinalcannabis zu konzentrieren.
Wachsender Schwarzmarkt
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) räumte in der ersten Beratung ein, ein, dass bisherige Versuche, die Droge zu kontrollieren, gescheitert sind. "Die Probleme gleiten uns aus der Hand", sagte der Minister und erwähnte den anwachsenden Schwarzmarkt, die überlastete Polizei, den stetig steigenden THC-Gehalt und die zunehmenden Konsum unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. "Wir brauchen eine vernünftige Drogenpolitik." Der Cannabis-Konsum sei auch wegen problematischer Beimischungen noch nie so gefährlich gewesen. Der Verkauf an Kinder und Jugendliche bleibe daher nicht nur verboten, sondern werde künftig auch viel besser kontrolliert.
Simone Borchardt (CDU) warf Lauterbach vor, die wirklich wichtigen Gesundheitsthemen zu vernachlässigen und statt dessen "Lifestylepolitik" zu betreiben. Der Minister erkläre, wie schädlich Cannabis sei und lege dann ein Gesetz zur Legalisierung vor. Das lasse viele Beobachter ratlos zurück. Jugendschutz verkomme zur Farce.
Nach Ansicht von Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) steht der Jugendschutz tatsächlich im Zentrum der Reform. Schließlich fragten die Dealer nicht nach dem Ausweis. Hinzu komme die Kriminalisierung der Nutzer "wegen ein paar Gramm Cannabis in der Tasche". Sie betonte: "Wir machen Schluss mit der gescheiterten Verbotspolitik." Das sehen die Linken genauso. Ates Gürpinar (Linke) wertete die Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Legalisierung von Cannabis als "Riesenerfolg". Dies sei das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit von Wissenschaftlern, Suchtexperten, der Cannabis-Community, Justiz und Polizei. Allerdings könnten die teils engen Kontrollvorgaben Polizei und Bevölkerung überfordern. Er warnte vor einer Überregulierung.
Kritik an bürokratischer Regelung
Solche Vorbehalte kommen auch von der FDP. Kristine Lütke (FDP) sprach von einem "guten ersten Schritt" für den Jugend- , Gesundheits- und Verbraucherschutz. Jedoch sei der Entwurf "in vielen Punkten zu kleinteilig, zu bürokratisch, zu wenig praxistauglich". Im Übrigen bleibe das Ziel "die umfassende Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken für Erwachsene." Jörg Schneider (AfD) mutmaßte, die Legalisierung werde vermutlich vor allem die städtische "Hafermilchschickeria" freuen, die künftig in "knuffigen Kifferkommunen" Cannabis anbauen könne.