Debatte um Etat der Innenministerin : Zankapfel Sicherheit
Die Ampelkoalition und die Opposition streiten in der Debatte über den Haushalt von Innenministerin Nancy Faeser über den Bevölkerungsschutz und die Migrationsfrage.
Völlig konträre Sichtweisen auf den Etat 2023 des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) haben vergangene Woche im Bundestag die Schlussdebatte über den Haushalt von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) geprägt. Während die Opposition schwere Versäumnisse der Koalition bei der inneren Sicherheit und eine falsche Prioritätensetzung im Etat ausmachte, sahen Vertreter des Regierungsbündnisses die Innenpolitik als Gewinnerin der Haushaltsverhandlungen und sprachen von einem guten Signal für die innere Sicherheit. Auch die Ministerin betonte, mit ihrem Etat 2023 werde die innere Sicherheit weiter gestärkt.
Bundespolizisten auf Streife im Hamburger Flughafen. Auf den Bereich der inneren Sicherheit entfällt 2023 rund die Hälfte des Etats von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD).
Er sieht in der vom Parlament verabschiedeten Fassung des Haushaltsausschusses für das kommende Jahr Ausgaben in Höhe von 13,09 Milliarden Euro vor. Das sind 330 Millionen Euro mehr als im ursprünglichen Regierungsentwurf vorgesehen, aber 1,9 Milliarden Euro weniger als für das laufende Jahr veranschlagt. Größter Ausgabenposten ist die innere Sicherheit mit rund 6,4 Milliarden Euro, gefolgt vom Bereich Digitalisierung, IT- und Cybersicherheit mit rund 1,6 Milliarden Euro. Die Personalausgaben liegen im BMI-Etat 2023 bei 5,7 Milliarden Euro und die sächlichen Verwaltungsausgaben bei 3,2 Milliarden Euro. An Zuweisungen und Zuschüssen (ohne Investitionen) sind für das kommende Jahr 3,19 Milliarden Euro vorgesehen und an Ausgaben für Investitionen 1,19 Milliarden Euro.
Faeser: Katastrophen- und Bevölkerungsschutz wird mit 640 Millionen Euro gestärkt
In der Debatte nannte es Faeser die "zentrale Priorität der Bundesregierung", für Sicherheit zu sorgen. So stärke man den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz mit 640 Millionen Euro und modernisiere das Warnsystem. Auch würden die logistischen Fähigkeiten des THW gestärkt. Zudem habe man auch im Cyberbereich einen deutlichen Aufwuchs im Vergleich zur ursprünglichen Finanzplanung. Damit würden zivile Infrastrukturen besser geschützt und die Informationssicherheit in der Bundesverwaltung gestärkt. "Diese Koalition", betonte die Ministerin, "macht das Land widerstandsfähiger".
Dagegen beklagte André Berghegger (CDU), dass der BMI-Etat 2023 zwar in den parlamentarischen Beratungen gewachsen sei, aber an den falschen Stellen. So habe der Regierungsentwurf deutliche Kürzungen bei der Bundespolizei, beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und beim THW vorgesehen. Dies habe die Koalition in den Etatberatungen zu korrigieren versucht, aber sei dabei viel zu kurz gesprungen.
SPD: BMI und seine Behörden erhalten 1.607 zusätzliche Stellen
Martin Gerster (SPD) nannte es demgegenüber ein "sehr gutes Ergebnis", dass das Ausgabenvolumen des Innen-Etats für das kommende Jahr 1,8 Milliarden Euro mehr umfasse als in der ursprünglichen Finanzplanung. Dabei erhielten das BMI und seine Behörden 1.607 zusätzliche Stellen. Bei der inneren Sicherheit und der Cyberabwehr würden zusätzlich 41 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und beim THW und BBK 104 Millionen Euro, bei den Integrationskursen gebe es ein Plus von 153 Millionen Euro.
Jamila Schäfer (Grüne) nannte die Kritik der Union unglaubwürdig, weil diese die 100 Milliarden Euro des Sondervermögens für die Bundeswehr nicht auch für den Bevölkerungsschutz oder die Cybersicherheit habe verwenden wollen. Nun finanziere die Koalition diese Aufgaben aus dem Haushalt "so gut es geht im Rahmen der Schuldenbremse". So habe sie das THW und das BBK alleine in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses mit zusätzlichen rund 80 Millionen Euro gestärkt und dies "seriös gegenfinanziert".
Martina Renner (Die Linke) monierte, dass man in der Haushaltsvorlage "überall massive Personalaufstockungen" sehe, obwohl der Stellenzuwachs aus dem letzten Etat bis heute nicht annähernd besetzt sei. So gebe es allein bei der Bundespolizei 9.000 offene Stellen.
Streit gab es in der Debatte auch um die Migrationspolitik. Marcus Bühl (AfD) hob hervor, dass die Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) für Oktober dieses Jahres mit fast 24.000 Asylerstanträgen einen Anstieg um 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ausweise. Statt sich um einen umfassenden Grenzschutz zu kümmern und "den großen Sozialmagneten abzuschalten", verwende die Koalition erhebliche Teile des Etats für "Ideologieprojekte" wie eine behördenunabhängige Asylberatung. Bei der Ausrüstung für die innere Sicherheit kreise dagegen der Rotstift.
CSU: Faeser reagiert nicht ausreichend auf die "massive Migrationskrise"
Andrea Lindholz (CSU) sagte, dass es in diesem Jahr neben rund 1,1 Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine bereits 160.000 Asylbewerber gebe mit steigender Tendenz bei der irregulären Migration. Deutschland befinde sich in einer "massiven Migrationskrise", auf die Faeser unzureichend reagiere.
Die Ministerin wies dies zurück und betonte: "Wir haben keine große Migrationskrise". Mit solchen Bemerkungen spalte Lindholz die Gesellschaft und stärke die AfD.
Konstantin Kuhle (FDP) konstatierte, die Kombination aus der Bearbeitung der Asylanträge und der Aufnahme der Ukrainer stelle die Kommunen vor besondere Herausforderungen. Daher unterstütze der Bund sie im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung. Gebraucht werde mehr reguläre und weniger irreguläre Migration. Daher sei es gut, dass die Koalition bald die Asylverfahren beschleunigen und mit dem "Chancen-Aufenthalt" für mehr Integration in den Arbeitsmarkt sorgen werde. Auch werde sie bald ein Eckpunktepapier zur Einwanderung in den Arbeitsmarkt beschließen, denn das sei es, was das Land brauche.