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Petition der Ärzte : Kassenärzte fordern Reformen im Gesundheitswesen

Der Verband der Kassenärzte warnt vor einem Kipppunkt in der Versorgung und fordert Reformen. Minister Lauterbach verspricht Besserung.

21.02.2024
True 2024-10-23T10:14:18.7200Z
3 Min

Für die aktuellen Probleme im deutschen Gesundheitssystem macht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) "Fehler aus der Vorgängerzeit" verantwortlich. Probleme beim ärztlichen Nachwuchs seien auf zu wenige Medizinstudienplätze zurückzuführen, sagte der Minister während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag.

Die Zahl der Medizinstudienplätze hätte schon lange um 5.000 pro Jahr erhöht werden müssen. "Wir werden einen Arztmangel, wie es ihn jetzt schon bei Hausärzten gibt, bei fast allen Facharztgruppen haben", sagte Lauterbach voraus.

Fehler, sagte der Minister, seien auch bei der Digitalisierung gemacht worden. Sie habe für die Ärzte zu Mehrbelastungen geführt. Als weitere Fehler der Vergangenheit benannte Lauterbach die Beibehaltung der Arzneimittelregresse und der Budgetierung. All dies, so betonte der SPD-Politiker, gehe die jetzige Bundesregierung nun an.

Kassenarzt-Chef Gassen warnt vor Kipppunkt

Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, macht Druck auf die Politik.   Foto: picture alliance/dpa

Aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, reichen Ankündigungen aber nicht aus. Die Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte verschlechterten sich zusehends."Wir stehen vor einem Kipppunkt und haben große Sorgen, dass die Versorgung der Menschen durch die Praxen perspektivisch wegbricht und dann nicht mehr regenerierbar ist", sagte Gassen, dessen der Sitzung zugrunde liegende öffentliche Petition mehr als eine halbe Million Unterschriften erhalten hat.

Gassen schreibt darin, die ambulante Versorgung werde seit Jahren kaputtgespart. Es fehle an Personal. Zudem werde der Bürokratieaufwand immer größer. "Immer mehr Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Praxismitarbeitende resignieren und flüchten aus dem System", heißt es in der Eingabe. Gassen fordert unter anderem eine Abschaffung der Budgets, damit Praxen für die Leistungen bezahlt werden, die sie täglich erbringen. Zudem brauche es eine sinnvolle Digitalisierung, weniger Bürokratie und keine Regresse.

Minister Lauterbach setzt auf Digitalisierung 

Der Minister sieht sich auf einem guten Weg dahin. Die Digitalisierung in den Praxen werde nun umgestellt. Von der elektronischen Patentenakte (ePA), die es ab dem nächsten Jahr geben werde, so Lauterbach, habe der Arzt unmittelbare Vorteile. So würden unter anderem telemedizinische Leistungen abgerechnet. Klar sei für ihn, dass es keinen Sinn mache, in die derzeit ineffektiven Strukturen einfach mehr Geld zu geben. Die benötigten Reformen, um die Fehler der Vergangenheit zu heilen, seien "auf der Endstrecke", sagte Lauterbach und verwies auf das geplante Versorgungsstärkungsgesetz, das sich derzeit in der Abstimmung befinde und "in Kürze" dem Bundestag zugeleitet werde. Kritik an der Verzögerung "um wenige Wochen" bei "wichtigen und unstrittigen Gesetzen", wies der Minister zurück. Das gelte insbesondere für Kritik derjenigen, "die 16 Jahre nichts getan haben". Es sei zu vieles liegen geblieben, was er nun angehen müsse.

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Kassenarzt-Chef Gassen blieb angesichts der Äußerungen des Ministers skeptisch. Die Sorgen der Praxisärzte dürften nicht abgetan werden. Um die Zuversicht in der Ärzteschaft zu stärken, brauche es nicht Initiativen, die in fünf Jahren Wirkung zeigen, sondern innerhalb der nächsten Wochen, sagte er. Sichtbare Verbesserungen seien auch sehr schnell zu erreichen. Der Verzicht auf Regresse sei "ein Federstrich im Gesetz". Die Sanktionen bei der Digitalisierung könnten ohne Probleme aufgehoben werden. Für die Entbudgetierung braucht es aus seiner Sicht noch nicht einmal ein eigenes Gesetz. Die Entbudgetierung der Hausärzte stehe seit 2,5 Jahren im Koalitionsvertrag, sagte Gassen. Bei Kinder- und Jugendärzten sei es auch gelungen, sie sehr kurzfristig umzusetzen.

Lauterbach räumte ein, dass man dies auch im Falle der Hausärzte hätte so machen können. Mit dem Hausärzteverband, sagte der Minister, sei aber vereinbart worden, dass die Entbudgetierung Teil einer breiteren Gesetzgebung sein solle. "Wir haben gesagt: Es ist jetzt 16 Jahre nicht gekommen. Da kommt es auch nicht auf vier Wochen an."