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Anhörung zur Reform des Sanktionsrechts : Druckmittel oder sinnlos - was bringt die Ersatzfreiheitsstrafe?

Experten diskutieren intensiv über die Reform der Ersatzfreiheitsstrafe. Änderungen im Maßregellvollzug werden überwiegend begrüßt.

24.04.2023
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2 Min

Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen im Sanktionsrecht sind vergangene Woche in einer Anhörung im Rechtsausschuss auf ein differenziertes Echo gestoßen. Die Expertinnen und Experten diskutierten insbesondere über die geplante Neuregelung der Ersatzfreiheitsstrafe (EFS).

Regierungsentwurf sieht Halbierung vor

Eine Ersatzfreiheitsstrafe kann angeordnet werden, wenn eine zu einer Geldstrafe verurteilte Person diese nicht bezahlt. Bisher gilt, dass für jeden Tagessatz Geldstrafe ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe fällig ist.

Der Regierungsentwurf sieht vor, diese Umrechnung zu halbieren. Flankierende Maßnahmen sollen zudem dafür sorgen, dass es gar nicht erst dazu kommt und Betroffene stattdessen gemeinnützige Arbeit leisten oder Ratenzahlung vereinbaren.


„Die beste Ersatzfreiheitsstrafe ist diejenige, die nicht angeordnet werden muss. “
Rechtswissenschaftlerin Lea Babucke

"Die beste Ersatzfreiheitsstrafe ist diejenige, die nicht angeordnet werden muss", sagte in der Anhörung die Rechtswissenschaftlerin Lea Babucke (Universität Hamburg).

Ähnlich äußerte sich die Richterin am Bundesgerichtshof, Angelika Allgayer: Die Forderung, die EFS zu streichen, lehnten Babucke und Allgayer ab. Wie auch die Bundesregierung argumentierten sie, dass die EFS als Druckmittel bestehen bleiben müsse.

Soziologin: EFS funktioniert als Druckmittel nicht

Deutlich kritischer sah unter anderem die Soziologin Nicole Bögelein von Institut für Kriminologie der Universität zu Köln. Als Druckmittel funktioniere die EFS nachweislich nicht. Menschen, die EFS verbüßten seien "arm, abgehängt und erkrankt". Bögelein äußerte sich skeptisch, ob die Stärkung der gemeinnützigen Arbeit tatsächlich die Zahl der angeordneten EFS reduzieren würde.

Diese Angebote gebe es bereits, die Erfolge blieben aus.Dies liege vermutlich an der "zunehmenden Verelendung der Adressaten", sagte die Soziologin. Sie sprach sich dafür aus, Geldstrafen nach dem Einbußeprinzip zu berechnen und Zahlungsunfähigen wie in Schweden die Strafe zu erlassen.

Ein Teil der geladenen Sachverständigen, etwa Jenny Lederer (Deutscher Anwaltverein), sprach sich zudem dafür aus, Bagatelldelikte, die häufig zu Geldstrafen führen, wie das Fahren ohne Fahrschein, zu entkriminalisieren, um die Zahl der EFS zu reduzieren.

Kontroverse über Unterbringung in Erziehungsanstalten

Auch die geplante Verschärfung der Voraussetzungen zur Unterbringung von Verurteilten in Entziehungsanstalten (Maßregelvollzug) wurde kontrovers diskutiert. Richterin Allgayer begrüßte das Vorhaben, würden forensische Praktiker schon lange klagen, dass zu viele und vor allem die Falschen untergebracht würden.

Anwaltverein-Vertreterin Lederer stellte hingegen Annahmen des Gesetzentwurfes, etwa zur Anreizwirkung einer möglichen früheren Aussetzung von Freiheitsstrafen nach dem Maßregelvollzug, in Frage. Ähnlich äußerte sich Rechtsanwalt Helmut Pollähne und kritisierte, die geplante Neuregelung sei von einem "tendenziösen Missbrauchsdiskurs" geprägt.