Queere NS-Opfer : Entschuldigung gefordert
Die Linke fordert die Anerkennung des Leids queerer NS-Opfer. Das wollen - mit Ausnahme der AfD - auch die anderen Fraktionen.
Erstmalig hat der Bundestag vergangenen Freitag am Tag der Opfer des Nationalsozialismus explizit die Opfer sexueller Minderheiten in den Mittelpunkt gestellt. Bereits am Vortag diskutierten die Abgeordneten einen Antrag der Fraktion Die Linke zu den "'vergessenen' queeren Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung" dazu. In diesem fordern die Linken den Bundestag dazu auf, anzuerkennen, "dass den queeren Opfern aufgrund der jahrzehntelangen Verweigerung der Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus großes Unrecht angetan wurde". Der Bundestag solle sich für das damit verbundene Leid, unter anderem "durch unterbliebene Entschädigungszahlungen für Haft- und Konzentrationslageraufenthalt, Sterilisation und Kastration beziehungsweise 'freiwillige Entmannung' sowie verweigerte Rentenansprüche", entschuldigen.
Queere Menschen auch DDR und BRD diskriminiert
In der Debatte betonten fast alle Rednerinnen und Redner die Bedeutung des erstmaligen Gedenkens an die verfolgten schwulen, lesbischen und inter- und transsexuellen Menschen - und erinnerten an die Kontinuität der Diskriminierung in DDR und BRD nach Ende der NS-Zeit. "Ohne die Erinnerung an die Verbrechen des Faschismus und an die Kontinuität der Diskriminierung und Kriminalisierung bis in die jüngere Geschichte bleibt unsere Erinnerungskultur lückenhaft", betonte Kathrin Vogler (Die Linke). Jan Plobner (SPD) sagte, er schäme sich als Abgeordneter, "weil man sich in Deutschland so gerne die Geschichte vom vorbildlichen Umgang mit der Vergangenheit erzählt und dabei bis heute so konsequent ausblendet, wie kontinuierlich queere Menschen weiter verfolgt und abgewertet wurden". Ingmar Jung (CDU) verwies mit Bezug auf den Leitspruch "Nie wieder!" darauf, dass die Verfolgung queer lebender Menschen in vielen Teilen der Welt auch heute noch geschehe, auch in Deutschland sei "gewiss noch nicht alles gut". Jürgen Lenders (FDP) sagte, dass weltweit "gerade mal elf Länder den Schutz von Homosexuellen und Transpersonen in ihrer Verfassung" hätten, Deutschland gehöre nicht dazu. Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: "Dass die queeren Opfergruppen, die in KZs umgebracht wurden, hier lange ignoriert wurden, hat Wunden hinterlassen." Schauws dankte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), dass sie das Gedenken ermöglicht habe.
Nichts anfangen mit dem an den Rechtsausschuss überwiesenen Antrag konnte Stephan Brandner (AfD). Es bliebe offen, "was dieser Bundestag im Jahr 2023 damit zu tun haben soll", so Brandner.