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Aufarbeitung vor Gericht : Klagen gegen die katholische Kirche

Gerichte entscheiden über Schmerzensgeld für Betroffene sexueller Gewalt. Ein Urteil aus Köln könnte weitreichende Folgen haben.

26.06.2023
True 2024-03-14T14:47:21.3600Z
3 Min

Betroffene von sexualisierter Gewalt gehen zivilrechtlich gegen die katholische Kirche vor. Das Kölner Landgericht sprach jüngst dem Missbrauchsopfer Georg Menne ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zu, zudem wird vor dem Landgericht Traunstein derzeit eine Klage auf Schadenersatz gegen das Erzbistum München und Freising verhandelt. Allerdings vertagte das Traunsteiner Landgericht in der vergangenen Woche den Zivilprozess. Das Gericht teilte mit, dass "dem Grunde nach" ein Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld bestehe. Um die genaue Höhe festlegen zu können, sei jedoch eine umfangreiche Beweisaufnahme nötig. Wann die Hauptverhandlung fortgesetzt wird, ist noch unklar.

Foto: picture alliance/dpa|Federico Gambarini

Georg Menne war früher Messdiener. Er wurde Missbrauchsopfer und klagt nun gegen die Kirche.

Der Kläger gibt an, vor knapp 30 Jahren im oberbayerischen Garching an der Alz von dem verurteilten Wiederholungstäter, dem Priester H., missbraucht worden zu sein. Neben dem Erzbistum München, von dem der Kläger ähnlich wie im Kölner Fall Amtshaftung verlangt, ist auch der Priester Beklagter in dem Verfahren, er bestreitet die Tat nicht. Auch im Kölner Fall hatte der Täter die Vorwürfe vor seinem Tod eingeräumt. Der Betroffene soll in den 1970er Jahren mehr als 300 Mal von dem Priester missbraucht worden sein. Beide Erzbistümer verzichteten darauf, die Verjährung geltend zu machen.

Unter den Beklagten im Traunsteiner Fall war bis kurz vor Beginn der Hauptverhandlung auch der inzwischen verstorbene ehemalige Papst Benedikt XVI., mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger, der von 1978 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war, als der mutmaßliche Täter von Nordrhein-Westfalen nach Bayern versetzt wurde. Das Verfahren wurde abgetrennt. H. wurde in den 1980er Jahren in Garching eingesetzt, obwohl es im Bistum Essen Vorwürfe gegen ihn gab und ein Gericht ihn wegen sexuellen Missbrauchs in seiner Zeit als Geistlicher in Grafing bei München verurteilt hatte.

Betroffene fordern Änderungen am System der Anerkennungszahlungen

Das Kölner Urteil könnte Folgen für das System der Anerkennungsleistungen in der katholischen Kirche haben. Die Leistungen werden bislang von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz freiwillig an Missbrauchsbetroffene gezahlt, in der Regel sind es zwischen 1.000 und 50.000 Euro. Betroffene fordern Nachbesserungen beim System der Anerkennungszahlungen. Das Urteil des Landgerichts Köln bestätige die Position des Beirats, heißt es in einer Mitteilung des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz. Nach Ansicht der Betroffenen ist das Verfahren zur Anerkennung erlittenen Leids intransparent. Zudem kritisieren sie die Zahlungen als oftmals zu niedrig. Die Bischofskonferenz erklärte, sie wolle an dem Prozedere festhalten.

Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen, die über die Zahlungen entscheidet, erklärte, das Urteil werde, sobald es rechtskräftig sei, bei den Entscheidungen berücksichtigt. Die Kommission gehe davon aus, dass eine rechtskräftige Entscheidung Einfluss auf den finanziellen Zahlungsrahmen für Anerkennungsleistungen habe. Denn der Rahmen bemesse sich nach dem oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgelder.

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, warnte jedoch, das Kölner Urteil dürfe nicht Hoffnungen in die falsche Richtung lenken. Denn in einem zivilrechtlichen Verfahren müssten Betroffene den sexuellen Missbrauch konkret nachweisen. "Dies ist für viele Betroffene gerade nicht möglich, entweder weil Täter bereits verstorben sind oder aber Taten ganz oder teilweise bestritten werden", sagte sie. Aus diesen Gründen sei das von der katholischen Kirche eingerichtete "Verfahren zur Anerkennung des Leids" durch das Urteil nicht obsolet.

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