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Kollektiver Rechtsschutz : Musterverfahren für Kapitalanleger entfristet

Die Union kritisiert reine Symptombekämpfung. Die Koalition erwartet hingegen schnellere und effektivere Musterverfahren.

14.06.2024
True 2024-06-14T15:11:23.7200Z
3 Min

Kapitalanleger, die sich von Unternehmen getäuscht fühlen, sollen sich auch weiterhin im Rahmen eines Musterverfahrens gerichtlich zur Wehr setzen können. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstagabend einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes. Zuvor hatte der Rechtsausschuss noch diverse Änderungen an der Vorlage vorgenommen. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dagegen die CDU/CSU-Fraktion und die Gruppe Die Linke. Die AfD-Fraktion enthielt sich.

Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz war bislang befristet und wäre ohne Novelle zum 31. August 2024 außer Kraft getreten. Die Regelungen werden nun entfristet, im parlamentarischen Verfahren wurde festgeschrieben, das Gesetz nach fünf Jahren zu evaluieren.

Foto: picture-alliance/dpa

20 Jahre dauerte das Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die Telekom. Die Koalition hofft nun auf schnellere Verfahren.

Das Gesetz stelle insbesondere für Ansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation ein besonderes zivilprozessuales Musterverfahren vor den Oberlandesgerichten bereit, schreibt die Bundesregierung. Tatsachen- oder Rechtsfragen, die sich in mehreren Individualklageverfahren vor den Landgerichten gleichermaßen stellen, würden danach dem Oberlandesgericht vorgelegt und in einem einheitlichen Verfahren verhandelt und entschieden. Die Bundesregierung hatte in der Begründung ihrer Novelle angeführt, dass sich das Verfahren "grundsätzlich bewährt" habe, aber sich in der Praxis zahlreiche Reformbedarfe gezeigt hätten.

Die Union will das Gesetz erneut befristen

In der Debatte zeigte sich die Union nicht überzeugt von dem Entwurf und den Änderungen der Koalition. Aktuell seien Kapitalanlegermusterverfahren ein "totes Pferd" und "viel zu langwierig, viel zu kompliziert und viel zu schwerfällig", sagte Martin Plum (CDU). "Die Verfahren beschäftigen Anleger und Emittenten, Gerichte und Anwälte oft viele, viele Jahre - zu viele Jahre." Die nun von der Ampel vorgelegte Lösung werde daran nichts Grundlegendes ändern. Zwar seien einzelne Änderungen, etwa die Möglichkeit für Oberlandesgerichte, den Streitstoff abzuschichten, positiv zu bewerten. Die Reform befasse sich aber nur mit Symptomen und nicht mit Ursachen - hierfür müsste das materielle Recht angegangen werden. Plum kritisierte zudem die Entfristung der Regelungen.


„Man muss irgendwann auch mal Fakten schaffen.“
Luiza Licina-Bode (SPD)

Auf Seiten der Koalition überwogen positive Einschätzungen. Katharina Willkomm (FDP) verwies auf das Musterverfahren gegen die Telekom zum dritten Börsengang, dem sich 16.000 Anleger angeschlossen hätten. Ohne Musterverfahren hätten die Anleger mit 16.000 Einzelklagen um ihr Recht kämpfen müssen, so die Liberale. Das Verfahren habe aber 20 Jahre gedauert - "unvorstellbar lang". Die Reform gestalte die Verfahren nun "einfacher und effektiver", sagte sie.

Luiza Licina-Bode (SPD) wandte sich gegen Plums Vorschlag, das Gesetz erneut zu befristen. "Man muss irgendwann auch mal Fakten schaffen", sagte die Sozialdemokratin. Das Gesetz habe sich bewährt.

Vom "Spatz auf der Hand" zum "Kanarienvogel"

Manuela Rottmann (Grüne) sah anders als Plum das ursprüngliche Gesetz nicht als "totes Pferd", sondern als "Spatz auf der Hand", weil es eigentlich einen viel größeren Bedarf beim kollektiven Rechtsschutz gebe. Die nun vorgenommene Reform sei mehr als nur "Kosmetik" und gehe nicht nur Oberflächlichkeiten an. Nun könne man von einem "Kanarienvogel" sprechen, sagte sie.

Fabian Jacobi (AfD) kritisierte, dass der Entwurf hinter den Ansprüchen zurückbleibe. Er sei nicht gut genug, um zuzustimmen, aber auch nicht schlecht genug, ihn abzulehnen. "Es mag sich dann zeigen, ob er in der Realität eine wahrnehmbare Verbesserung bewirken kann", sagte Jacobi.