Mitgliederversammlungen am Bildschirm : Vereinsrecht wird digitaler
Vereine dürfen ihre Versammlungen künftig auch hybrid durchführen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der Bundestag beschlossen.
Vereine dürfen ihre Mitgliederversammlungen künftig grundsätzlich hybrid abhalten. Das heißt: Die Mitglieder können sowohl in Präsenz als auch digital an den Treffen teilnehmen und ihre Rechte wahrnehmen. Rein virtuelle Versammlungen sollen möglich sein, wenn es die Mitglieder auf einer Versammlung beschließen. Eine entsprechende Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches verabschiedete der Bundestag vergangene Woche gegen die Stimmen der AfD ansonsten einmütig. Den Gesetzentwurf hatte der Bundesrat eingebracht, im parlamentarischen Verfahren wurde die Vorlage auf Antrag der Koalitionsfraktionen umfassend geändert.
Während der Pandemie galten Sonderregelungen
Was nach drei Jahren Pandemie-, Zoom- und Videocall-Erfahrung eigentlich nach einem Selbstgänger klingt, ist es rechtlich nicht. Das BGB sieht bislang vor, dass Mitgliederversammlung in Präsenz stattzufinden haben. Vereine können allerdings in ihrer Satzung andere Formate festlegen, beispielsweise hybride oder rein virtuelle. Für die Pandemie-Zeit wurde im März 2020 eine Sonderregelung erlassen, die allen Vereinen rein virtuelle Versammlungen ermöglichte. Sie lief Ende August 2022 aus.
Der bereits im Juni 2022 vorgelegte Vorschlag des Bundesrates hatte eine abgespeckte Variante der Sonderregelung vorgesehen. Danach sollte der Vorstand auch ohne Satzungsermächtigung hybride Versammlungen einberufen können, die virtuelle Teilnahme sollte per Videokonferenz erlaubt werden. Die Koalitionsfraktionen gingen mit ihrem Änderungsantrag nun weiter: Die Teilnahme soll danach auf elektronischem Wege möglich sein. Das umfasst beispielsweise auch Telefonkonferenzen, Chats oder E-Mail-Abstimmung. Zudem ist die Regelung nicht auf den Vorstand zugeschnitten, sondern auch auf andere Einberufungsorgane.
Überwiegend Zustimmung im Plenum
In der Debatte begrüßen Rednerinnen und Redner aller Fraktionen - mit Ausnahme der AfD-Fraktion - grundsätzlich die Neuregelung. Philipp Hartewig (FDP) sprach von einem "guten Tag für das Ehrenamt". Das Vereinsrecht werde der "gesellschaftlichen Lebensrealität" angepasst. Susanne Henning-Wellsow (Die Linke) befand, die Regelung mache es den Vereinen leichter, Mitglieder in ihre Arbeit einzubeziehen und zu aktivieren.
Kritischer äußerte sich Ingmar Jung (CDU) für die Unionsfraktion - ihm ging der Vorschlag nicht weit genug. Seine Fraktion hatte vorgeschlagen, auch rein virtuelle Versammlungen grundsätzlich zu ermöglichen. Der dafür nun notwendige Beschluss der Mitglieder sei systemfremd, unlogisch und bürokratisch. Er sei dennoch froh, dass es eine Lösung gebe.
Mitglieder müssen über rein virtuelle Versammlung entscheiden
Macit Karaahmetoglu (SPD) verteidigte die Regelungen zu den rein virtuellen Versammlungen hingegen. Das sei ein "sehr guter Kompromiss". Mitgliederrechte würden gewahrt, aber kleinen Vereinen und Stiftungen die Mühen einer Satzungsänderung erspart. Ähnlich argumentiere Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen). Die Erfahrung der Pandemie habe auch gezeigt habe, dass der Wechsel von der Präsenzversammlung zur Versammlung per Videokonferenz das Gewicht zwischen Versammlungsleitung und Mitgliedern verschieben könne. Darum sei es wichtig, dass die Mitglieder über die rein virtuelle Versammlung entscheiden müssen. Das fördere auch die Demokratie in den Vereinen, sagte Steffen.
Das sah Fabian Jacobi (AfD) anders. Er kritisierte, die Regelung untergrabe die demokratische Mitwirkung in Vereinen. Vereine könnten per Satzungsänderung schon jetzt solche Formate festlegen. Dafür benötige es im Regelfall aber richtigerweise eine erhöhte Mehrheit. Durch die Neuregelung ließen sich nun die "Spielregeln" ändern, "ohne dafür um die Zustimmung der Mitglieder zu einer Satzungsänderung zu werben", kritisierte der Abgeordnete. scr