Etat für Arbeit und Soziales beschlossen : Der richtige Abstand zwischen Lohn und Bürgergeld
Die Regierung erntet Kritik für die Erhöhung des Bürgergeldes. Minister Heil kontert, Arbeit mache immer den Unterschied und spricht von falschen Behauptungen.
Auf der Suche nach den Millionen, die auch im Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingespart werden müssen, ist Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auch bei den "Totalverweigerern" gelandet, also jenen Menschen im Bürgergeld-Bezug, die sich wiederholt weigern, eine Arbeit anzunehmen. Die Diskussion darum mutet etwas merkwürdig an, denn in ihr wird gleichzeitig betont, dass es sich nur um einen verschwindet geringen Prozentsatz der Bürgergeld-Beziehenden handelt, es aber dennoch ein Sparpotenzial von 170 Millionen Euro pro Jahr gibt. Denn künftig soll der Regelsatz von 563 Euro für zwei Monate komplett gestrichen werden, wenn jemand die Arbeitsaufnahme wiederholt verweigert.
Scharfe Kritik an Erhöhung des Regelsatzes
Die Bürgergeld-Idee von SPD und Grünen erhält dadurch erhebliche Kratzer. Aber der Union, die das Bürgergeld in seiner jetzigen Variante ohnehin ablehnt, reicht das nicht. Sie kritisierte in der Schlussdebatte über den Etat des BMAS für 2024 die Erhöhung des Regelsatzes scharf, und auch die AfD stellte fest, Arbeit würde sich nun nicht mehr lohnen.
Schlussendlich billigte der Bundestag den Etat des BMAS von beachtlichen 175,68 Milliarden Euro (2023: 166,23 Milliarden Euro), der damit mehr als ein Drittel des gesamten Bundeshaushalts ausmacht. Erwartungsgemäß stimmten sowohl die CDU/CSU-Fraktion als auch die AfD-Fraktion gegen die Gesetzesvorlage und die Beschlussempfehlungen.
Schwerpunkte im Haushalt für Arbeit und Soziales
👴 👵 Die Kosten für die Rente: Diese Ausgaben steigen seit Jahren, auch wenn jetzt bei den zusätzlichen Zuschüssen des Bundes für die Rentenversicherung gespart wurde. Insgesamt gibt die Regierung in diesem Jahr knapp 126 Milliarden Euro für die Rente und Grundsicherung im Alter aus.
⚖ 💰 Was das Bürgergeld kostet: Für die Grundsicherung für Arbeitssuchende sind rund 47 Milliarden Euro eingeplant. Dazu gehören 26,5 Milliarden Euro für das Bürgergeld und damit 2,2 Milliarden Euro mehr als ursprünglich im Gesetzentwurf geplant. Dazu gehört aber auch die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung, die bei 11,1 Milliarden Euro liegen und damit ebenfalls nochmal nachträglich erhöht wurden, nämlich um 1,4 Milliarden Euro.
📆 📅 Der Unterschied zu 2023: Im vergangenen Jahr gab die Regierung für die Rente noch 121 Milliarden Euro aus und für die Grundsicherung für Arbeitssuchende rund 44 Milliarden Euro.
Trotz Kürzungen bei den zusätzlichen Zuschüssen des Bundes an die Rentenversicherung bleibt die Rente der mit Abstand größte Ausgabenposten. Knapp 126 Milliarden Euro sind dafür eingeplant. Auf dem zweiten Platz rangiert die Grundsicherung für Arbeitssuchende mit 47,15 Milliarden Euro. Dazu gehören sowohl Gelder für die Arbeitsvermittlung als auch für das Bürgergeld. Der Ansatz für letzteres wurde von 24,3 auf 26,5 Milliarden Euro erhöht.
Union attestiert Ampel eine Haushaltspolitik nach Pippi-Langstrumpf-Manier
Silke Launert (CDU) sagte: "Der Koalitionsvertrag war von Anfang an nicht durchfinanziert, das ist Ihr Problem." Sie attestierte der Haushaltspolitik der Ampel-Koalition "Pippi-Langstrumpf-Manier". Jener Etat, der besonders durch soziale Gerechtigkeit geprägt sein sollte, sei dies vor allem wegen der Kosten für das Bürgergeld nicht mehr. Die SPD sei schon lange keine Partei der arbeitenden Menschen mehr, sondern vielmehr eine "Partei für die Arbeitslosen" geworden, so Launert.
Kathrin Michel (SPD) konterte und warf der Union wegen des Zurückziehens ihrer Änderungsanträge Arbeits- und Realitätsverweigerung vor: "Hören Sie auf mit dieser Hasenfüßigkeit und damit, Deutschland schlecht zu reden. Fangen Sie endlich an, sich mit uns für die Demokratie einzusetzen. Die gibt es nicht zum Nulltarif." Michel stellte zufrieden fest, dass es der Koalition gelungen sei, unter schwierigen Bedingungen den Haushalt so zu gestalten, dass bei sozialen Leistungen nicht gespart werden müsse.
René Springer (AfD) sagte: "Die Massenmigration ist ein Minusgeschäft, das unseren Sozialstaat instabiler macht. Und auch ausländische Fachkräfte werden den Arbeitsmarkt und Sozialstaat nicht retten können." Anstatt Abschiebungen im großen Stil umzusetzen, wie es der Kanzler angekündigt habe, mache die Regierung "importierte Probleme" zu unseren.
Grüne ärgern sich über das Schlechtreden des Bürgergeldes
Markus Kurth (Grüne) kritisierte die Union scharf: "Sie haben doch 300 Änderungsanträge vorbereitet! Es war eine politische Entscheidung von Friedrich Merz, das Haushaltsverfahren zu delegitimieren. Es ist aber gefährlich für eine Demokratie, wenn man Gräben beschwört anstatt nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu suchen." Kurth verwies auf die stabile Finanzierung der Eingliederungsmittel für Arbeitsuchende und für den sozialen Arbeitsmarkt. Wenn der Union das Thema Arbeit so wichtig sei, solle sie sich lieber dazu äußern, anstatt das Bürgergeld in Verruf zu bringen. "Wir müssen aufhören mit dem Schlechtreden, wir haben eine Rekordbeschäftigung und eine stabile Rentenversicherung."
Pascal Kober (FDP) betonte, nach 16 Jahren liegengebliebener Reformen habe die Ampel-Koalition es mit keinem einfachen Umfeld zu tun. So hätte das Einwanderungsgesetz schon viel früher kommen müssen. Die Koalition habe diese Baustellen nun beackert und unter anderem die Hürden für den Spracherwerb abgesenkt. Dies sei eine Politik, die an den Realitäten orientiert sei.
Ein Gesetz zur Tarifbindung soll kommen
Arbeitsminister Heil begründete, wie schon so oft in seiner Amtszeit, warum es richtig sei, nicht am Sozialen zu sparen: "Der Sozialstaat ist kein nice-to-have, sondern zentral für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in diesem Land und ein Standortfaktor, weil er Stabilität garantiert." Der Minister betonte, die Erhöhung des Mindestlohns habe mehr als zwei Millionen Beschäftigte aus dem Niedriglohnsektor herausgeholt. "Und wir gehen diesen Weg weiter! Wir wollen, dass Arbeit sich noch mehr lohnt. Nicht nur durch den Mindestlohn, sondern auch durch eine stärkere Tarifbindung." Ein entsprechendes Gesetz kündigte er für das Frühjahr an. Im Übrigen sei der Mindestlohn seit seiner Einführung 2015 stärker gestiegen als die Grundsicherung. Deshalb habe sich auch der Lohnabstand nicht geändert und die Union solle endlich aufhören, das Gegenteil zu behaupten, kritisierte Heil.