Kampfpanzer : Prüfender Blick in die Arsenale
Vor etwaiger Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine will sich die Regierung eine Bestandsübersicht verschaffen.
Fast ein Jahr nach der ersten Bitte der Ukraine um Lieferung von deutschen Kampfpanzern lässt die Bundesregierung nun deren Verfügbarkeit prüfen. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte am vergangenen Freitag am Rande der Ukraine-Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein, dass er den Auftrag erteilt habe, festzustellen, wie viele Leopard-2-Panzer abgegeben werden könnten. "Wir bereiten uns vor für den Fall der Fälle", sagte der SPD-Politiker vor Journalisten. Die politische Entscheidung über eine Lieferung werde dann "so bald wie möglich getroffen". Ein Beschluss lag bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht in einer Video-Schalte zu den Mitgliedern der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein.
Die Ukraine hatte die Bundesregierung kurz nach dem russischen Angriff am 24. Februar 2022 erstmals offiziell um die Lieferung von Kampfpanzern gebeten und diese Bitte danach immer wieder vorgetragen. Zuletzt war auch der Druck europäischer Verbündeter, die Panzer zu liefern, massiv gewachsen. Deutschland nimmt eine Schlüsselrolle ein, weil die Leopard-Panzer hier produziert werden und auch eine Weitergabe an die Ukraine durch andere Länder von der Bundesregierung genehmigt werden muss.
Kein einheitliches Meinungbild zur Lieferung von Kampfpanzern
Pistorius sagte, dass eine solche Genehmigung noch nicht erteilt worden sei. Er betonte, dass es zur Lieferung von Kampfpanzern unter den Verbündeten "kein einheitliches Meinungsbild" gebe. "Der Eindruck, der gelegentlich entstanden ist, es gebe eine geschlossene Koalition und Deutschland stehe im Weg, dieser Eindruck ist falsch."
Im Vorfeld des Treffens in Ramstein hatte die Bundesregierung klargestellt, dass sie die Lieferung von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion nicht von der Lieferung von M1-Abrams-Panzern der USA abhängig macht. Es habe zu keinem Zeitpunkt "ein Junktim oder eine Forderung gegeben, dass das eine zu erfolgen habe, damit das andere erfolgen kann", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Er bekräftigte , dass ein abgestimmtes Agieren mit den USA der Bundesregierung wichtig sei. Dies sei auch bei den Entscheidungen etwa über die Marder-Schützenpanzer oder die Mehrfachraketenwerfer so gewesen.
Wie eine am Freitag veröffentlichten Forsa-Umfrage zeigt, sollte Deutschland aus Sicht einer knappen Mehrheit der Bundesbürger anderen Staaten wie Polen gestatten, Leopard-Kampfpanzer aus deutscher Produktion an die Ukraine zu liefern. Dafür sprechen sich 54 Prozent der etwa 1.000 Befragten aus. 49 Prozent meinen, dass es dem Ansehen Deutschlands bei den westlichen Partnern geschadet habe, bei Waffenlieferungen an die Ukraine immer eher zögerlich und besonnen vorgegangen zu sein. 43 Prozent sehen das nicht so.
Die Bundesregierung lehnt Lieferung von Leopard-Panzern weiterhin ab. In der Koalition sehen das aber nicht alle so.
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Für den CSU-Verteidigungsexperten Florian Hahn kann eine wirksame Militärhilfe für die Ukraine nicht ohne langfristige Strategie funktionieren.