Novellierung der Filmförderung : Reform, die Erste
Die Filmförderung soll grundlegend reformiert werden. Doch bislang herrscht keine Einigkeit über alle Bausteine des von Claudia Roth angestrebten Vorhabens.
Die Erhebung der Filmabgabe soll verlängert, die Filmförderungsanstalt (FFA) zur zentralen Einrichtung der Filmförderung des Bundes ausgebaut, die Vergabe der Fördermittel verstärkt automatisiert und die Themen Geschlechtergerechtigkeit, Inklusion und Antidiskriminierung stärker berücksichtigt werden. Dies sind die Kernelemente des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für die anstehende Novellierung des Filmförderungsgesetzes, über die der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung beriet. Das Filmförderungsgesetz in seiner aktuellen Fassung wird Ende des Jahres auslaufen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), hier bei einem Besuch der Filmstudios Babelsberg, strebt eine Reform der Filmförderung an.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) warb in der Debatte eindringlich für das Vorhaben: "Wir brauchen dringend eine umfassende Reform der Filmförderung, um die Rahmenbedingungen entscheidend zu verbessern und den Filmstandort Deutschland europäisch wie auch international wettbewerbsfähig aufzustellen." Roth verwies darauf, dass große internationale Filmproduktionen zunehmend in anderen europäischen Ländern realisiert würden, weil die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig seien. "Das galt für ,Im Westen nichts Neues', und auch die aufwendige Produktion des Films ,Hagen - Im Tal der Nibelungen', der im Oktober in die Kinos kommt, wurde vor allem in Island und Tschechien gedreht", sagte Roth.
Steueranreize für Film- und Serienproduktionen
Im Februar dieses Jahres hatte die Kulturstaatsministerin die Eckpunkte für jene groß angelegte Reform der Filmförderung präsentiert, auf die sich die SPD, Grüne und FDP prinzipiell in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt hatten. Diese sieht neben der Bündelung der Filmförderung des Bundes unter dem Dach der FFA und der Automatisierung von Förderinstrumenten unter anderem die Einführung von Steueranreizen für Film- und Serienproduktionen in Deutschland und einer Investitionsverpflichtung für Streamingplattformen vor. Doch über diese beiden Punkte gibt es in der Koalition noch keine abschließende Einigung. Der von Roth nun vorgelegte Gesetzentwurf bezieht sich ausschließlich auf den Umbau der FFA und ihrer Instrumente.
So soll die FFA zukünftig sowohl für die über die Filmabgabe finanzierte Filmförderung als auch für die steuerfinanzierte kulturelle Filmförderung verantwortlich sein. Zudem soll ein Diversitätsbeirat mit Vertretern der Filmbranche als beratendes Gremium der FFA eingerichtet werden. Ebenso soll die Förderung von barrierefreien Filmfassungen für seh- und hörbehinderte Menschen verbessert werden.
Berücksichtigung wirtschaftlicher und kultureller Erfolge
Die Produktions- und Verleihförderung soll weitestgehend automatisiert werden. Über die Förderung soll ein Referenzmodell entscheiden, das auch die wirtschaftlichen und kulturellen Erfolge früherer Filmproduktionen berücksichtigt. Die bisherigen Förderkommissionen, die über eine Förderung entschieden, sollen im Gegenzug abgeschafft werden. Zudem sollen Autoren und Regisseure angemessen am Erfolg eines Filmes in der Referenzförderung beteiligt werden. Die Kinoförderung soll teilautomatisiert werden und der Anteil der Förderung, der nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss gewährt wird, erhöht werden.
Dass eine Reform der Filmförderung dringend ansteht, darüber herrscht im Bundestag Einigkeit. So lobte denn auch der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz den vorgelegten Gesetzentwurf. Dieser enthalte "sehr viel Gutes" und sei eine "gute Grundlage für die parlamentarische Beratung". Allerdings sieht Wanderwitz Nachbesserungsbedarf. So seien die Steigerungsraten bei den Abgaben der Kinos "vielleicht ein bisschen zu hoch". Auch bei den Sperrfristen für geförderte Filme, die den Kinos einen exklusiven Auswertungszeitraum einräumen, sieht Wanderwitz Gesprächsbedarf. Skeptisch zeigte er sich zudem bei der Frage, ob Filme, die kein großes Kinopublikum erreichen und vor allem auf Filmfestivals ausgezeichnet werden und damit Punkte für die Referenzförderung sammeln, durch die FFA gefördert werden sollten.
Vor allem aber mahnte Wanderwitz, dass die gesamte Reform der Filmförderung im Bundestag nur dann erfolgreich verabschiedet werden könne, wenn von der Bundesregierung auch ein Gesetzentwurf "zumindest für das Steueranreizmodell und die damit zusammenhängende Investitionsverpflichtung und Rechteteilung, die wir ausdrücklich begrüßen" vorgelegt werde. Dies erfordere aber eine Einigung mit den Bundesländern, die auch an ihrer bewährten Regionalförderungen festhalten wollen.
Kritik der FDP an Investitionsverpflichtung
Zur Eile drängte auch der FDP-Abgeordnete Thomas Hacker. Bereits in der zweiten Legislaturperiode "doktert die Kulturpolitik des Bundes an einer großen Reform der Filmförderung herum". Eine Förderung, die neue Filmproduktionen nach Deutschland lockte, lasse auf sich warten. Zugleich machte Hacker jedoch deutlich, dass seine Fraktion wenig von der geplanten Investitionsverpflichtung für Streamingplattformen hält. Diese würden dadurch gezwungen, "nach Quoten und Subquoten Programminhalte zu kaufen". Europarechtlich sei dies schwierig, befand Hacker.
Die einzige Sorge der AfD hingegen scheint das Thema Diversität zu sein. Der Diversitätsbeirat bei der FFA solle nicht nach Kompetenz und Leistung besetzt werden, sondern "nach sexueller Orientierung, Hautfarbe, Migrationshintergrund und Religion", attestierte Beatrix von Storch. Und die Förderung von Filmen werde abhängig gemacht von der Frage, wie viele "Transsexuelle und Schwarze jemand in seinem Drehbuch unterbringt".
Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh hielt der AfD-Parlamentarierin entgegen, ihre Rede sei die "bestmögliche Werbung" für den Diversitätsbeirat. Sie habe schwarze Deutsche, Menschen mit Beeinträchtigung, non binäre Personen und Frauen in einer Rede beleidigt. Das müsse man erst einmal hinbekommen.