Bezos, Musk und Co. : Die Flucht der Tech-Milliardäre in die individuelle Souveränität
Douglas Rushkoff legte 2022 mit "Survival of the Richest" eine Abrechnung mit Tech-Milliardären wie Elon Musk vor. Jetzt ist sein Buch auf Deutsch erschienen.
So viel steht heute schon fest: Donald Trumps Präsidentschaft hat massive Auswirkungen auf das politische System der amerikanischen Demokratie. Einer seiner Amtsvorgänger, Dwight D. Eisenhower, warnte 1961 von dem "militärisch-industriellen Komplex". Vor einigen Monaten folgte Joe Bidens alttestamentarisch anmutende Abschiedsrede, in der er vor der Gefahr eines "technologisch-industriellen Komplexes" unter Führung einer Oligarchie warnte. Nicht ohne Grund: Bei Trumps Amtseinführung waren neben Elon Musk, die Chefs von Amazon, Meta und Microsoft ganz vorne mit dabei. In der FAZ stellte der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller lapidar fest: Ihre “Wette auf Trump ist bisher aufgegangen.”

Amazon-Gründer Jeff Bezos, Google-CEO Sundar Pichai und X-Chef Elon Musk (von l. nach r.) gehörten zu den Gästen bei Donald Trumps Amtseinführung. Vorangegangen war eine beispiellose Annäherung der Tech-Unternehmen an den neuen US-Präsidenten.
Einen Einblick in die Denkweisen solcher Tech-Milliardäre gewährt Douglas Rushkoff mit seinem 2022 erschienen und empfehlenswerten Buch "Survival of the richest", das nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Der international bekannte Internet-Experte bezeichnet sich als "marxistischen Medientheoretiker" und prägte Begriffe wie "Digital Natives" oder "viral gehen". Der ehemalige Cyberpunk genießt in der Branche hohes Ansehen.
Die Tech-Elite versucht, das menschliche Dasein hinter sich zu lassen
Dies trug ihm die Einladung einer Handvoll Milliardäre ein, die ihn zu einem Vortrag in ihr Luxusressort einfliegen ließen. Als Honorar erhielt er ein Drittel seines Jahresverdienstes als Professor. Die klugen Einsichten des Wissenschaftlers über die digitale Zukunft interessierten sie jedoch nicht. Stattdessen ging es um Fragen wie: Welche Region wird am wenigsten unter der kommenden Klimakrise leiden? Welche Bedrohung ist größer: der Klimawandel oder der Einsatz biologischer Waffen? Wie lange kann man nach solchen Katastrophen überleben? Oder: Wie lässt sich in einem solchen Fall die Befehlsgewalt über die eigenen bewaffneten Sicherheitskräfte aufrechterhalten?

Douglas Rushkoff:
Survival of the Richest.
Warum wir vor den Tech-Milliardären nicht einmal auf dem Mars sicher sind.
Suhrkamp,
Berlin 2025;
282 S., 22,00 €
Laut Rushkoff sind die Tech-Milliardäre besessen von den Zukunftsvisionen eines Elon Musk, der den Mars besiedeln will. Das gilt auch für Peter Thiel, der den Alterungsprozess aufzuhalten versucht, oder für die KI-Entwickler Sam Altman und Ray Kurzweil, die ihre Gehirne in einen Supercomputer hochladen wollen. Statt die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wollten die Superreichen "das menschliche Dasein hinter sich lassen", betont Rushkoff.
Mit ihrer "Flucht in die individuelle Souveränität" würden sie sich ihrer Verantwortung für die Menschheit bewusst entziehen. Fraglich sei jedoch, ob sie mit ihren Visionen zu den Gewinnern der digitalen Ökonomie gehören. Rushkoff Empfehlung an seiner Leser ist glasklar: Glaubt den Tech-Giganten kein Wort, ihre Visionen zielen nur auf den eigenen Profit.
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