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Foto: picture alliance/ullstein bild/Gircke
Mai 1946 im zerbombten Berlin: Trümmerfrauen säubern Ziegelsteine.

Frauen in der Nachkriegszeit : Ein kurzer Moment der Emanzipation

Miriam Gebhardt beschreibt, wie sich Deutschlands Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg neue Freiheiten eröffneten. Doch dann setzte sich das Patriarchat wieder durch.

17.10.2024
True 2024-10-21T08:56:59.7200Z
2 Min

In "Die kurze Stunde der Frauen" skizziert Miriam Gebhardt ein faszinierendes und zugleich tragisches Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte: Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg für einen kurzen Moment die Möglichkeit hatten, sich zu emanzipieren, wurden wieder in traditionelle Rollen zurückgedrängt.

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Anschaulich beleuchtet die Historikerin, wie die ideologische Prägung des Nationalsozialismus fortwirkte und die gesellschaftlichen Strukturen in Ost- und Westdeutschland das Leben der Frauen maßgeblich beeinflussten. Während die DDR für ihre Frauen-Förderung im Berufsleben gelobt wird, zeigt die Autorin, dass patriarchale Strukturen im privaten Bereich fortbestanden. Frauen waren zwar häufiger berufstätig, litten jedoch unter der Doppelbelastung von Beruf und Haushalt. In der Bundesrepublik hingegen behinderten die juristische und kulturelle Fixierung bürgerlicher Familienideale die Entfaltung von Frauen; die 1949 gesetzlich verankerte Gleichstellung blieb lange ein leeres Versprechen.

Der Mythos von den Trümmerfrauen

Eindrücklich ist auch das Kapitel zu den sogenannten Trümmerfrauen. Gebhardt beschreibt sie nicht als selbstlose, freiwillig handelnde Arbeiterinnen, sondern macht deutlich, dass viele von ihnen gezwungen waren, zu helfen - sei es aufgrund einer NS-Vergangenheit oder weil sie in extremer Armut lebten. Die Entmystifizierung der Trümmerfrauen ist in der Forschung zwar nicht neu, doch Gebhardt macht deutlich, dass dieser Mythos in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor lebendig ist und einer erneuten Aufarbeitung bedarf.

Mit zahlreichen persönlichen Berichten, Tagebucheinträgen und historischen Fotos verleiht Gebhardt der Lebensrealität von Frauen in der Nachkriegszeit eine emotionale Tiefe. Sie hinterfragt, warum die Gleichstellung der Geschlechter bis heute nicht vollständig umgesetzt ist und zeigt, dass die Herausforderungen, vor denen Frauen damals standen, auch heute noch relevant sind.


Miriam Gebhardt: Die kurze Stunde der Frauen.

Zwischen Aufbruch und Ernüchterung in der Nachkriegszeit.

Herder, Freiburg 2024; 272 S., 24,00 €