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Foto: picture alliance/Associated Press/Alex Brandon
Kontrahenten: Chinas Präsident Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden.

Konflikt zwischen China und dem Westen : Erinnerungen an 1914

Experten warnen vor einer neuen Blockbildung zwischen China und dem Westen und der Gefahr eines Weltkrieges. Drei Bücher nehmen die aktuelle Situation in den Blick.

14.10.2023
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3 Min

Chinas Wirtschaftswunder und sein Aufstieg innerhalb einer Generation von einem der ärmsten Länder zur Supermacht wurde hierzulande bereits in einem Dutzend guter Bücher beleuchtet. In einer neuen Welle aktueller Publikationen stehen vor allem sicherheitspolitische Themen im Vordergrund: Chinas Aspirationen werden als akute Bedrohung einer stabilen globalen Entwicklung betrachtet. Peking gilt den Autoren nicht nur als "Systemgegner", sondern als Flaggschiff in einer globalen Auseinandersetzung zwischen einem autoritären und einem demokratischen Weg.

Der China-Kenner Matthias Naß, langjähriger Asien-Korrespondent der Wochenzeitung "Die Zeit", analysiert Chinas Sicherheitspolitik in seinem gut geschriebenen Buch "Kollision". Er geht der Frage nach, warum China so dramatisch aufrüstet. Schließlich gehörten seine Raketenbestände schon heute zu den größten weltweit, die Zahl der Nuklearsprengköpfen wachse. Kritisch bewertet Naß die europäische und die deutsche China-Politik und will geklärt wissen, ob unsere Sicherheit auch im Indopazifik verteidigt werden soll.

Der neue Kalte Krieg

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe zu einem neuen Kalten Krieg zwischen Ost und West geführt und die Bildung blockähnlicher Strukturen beschleunigt, schreibt Naß. Eingeleitet hätten die USA diese Blockbildung als Reaktion auf Chinas Expansion im indopazifischen Raum. Dass sich Russland und China ihrer grenzenlosen Freundschaft am Vorabend des russischen Angriffs auf die Ukraine versicherten, habe den "Westen" zusammenrücken lassen und gestärkt. Im Kern gehe es darum zu klären, in welcher Ordnung wir künftig leben werden: In einer Demokratie oder in einer Autokratie.

Die Verteidigung der Demokratien beginnt mit Taiwan. "Natürlich wäre Peking eine einvernehmliche, friedliche Wiedervereinigung am liebsten. Aber die Bürger Taiwans möchten nun einmal nicht zur Volksrepublik gehören", betont Naß. "Dann werde man sie wohl zwingen müssen, notfalls mit militärischer Gewalt", wie die kommunistische Führung immer wieder verkünde. Über die Mittel für eine Intervention gegen Taiwan verfüge Peking. Allerdings werde China dafür einen enorm hohen politischen und wirtschaftlichen Preis zahlen müssen. Acht der zehn größten Wirtschaftspartner Chinas seien westliche Demokratien, die sehr wahrscheinlich harte Wirtschaftssanktionen gegen den Aggressor verhängen würden. Damit "wären die Erfolge von vierzig Jahren Reform und Öffnungspolitik gefährdet".

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Vergleich mit 1914 vor dem Ersten Weltkrieg

Dieser Argumentation folgen der deutsche Politikwissenschaftler Josef Braml und der frühere US-Geheimdienstler Mathew Burrows, der sich in der Washingtoner Administration mit der Entwicklung sicherheitspolitischer Szenarien beschäftigte. Sie stellen zu Recht fest, dass im Unterschied zum Krieg Russlands gegen die Ukraine eine militärische Auseinandersetzung zwischen den USA und China wegen Taiwan "mit ziemlicher Sicherheit einen Weltkrieg auslösen" würde. Braml und Burrows vergleichen die aktuelle Politik des Westens gegenüber China mit der Lage am Vorabend des Ersten Weltkriegs und warnen vor falschen Bewertungen einer chinesischen Reaktion auf das Vorgehen des Westens. Der Titel ihres empfehlenswerten Buches erinnert nicht ohne Grund an "Die Schlafwandler" des Historikers Christopher Clark über den Weg Europas 1914 in den Ersten Weltkrieg.

Braml und Burrows warnen vor einer Politik der "Entkopplung von China" und der "Abschaffung der Globalisierung". Dies könne nicht die Antwort sein. Weitere Blockbildungen und Konfrontationen würden die Menschheit nur weiter von einem gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel entfernen. Als wichtigster Schlüsselfaktor gegen eine Entwicklung hin zu einem dritten Weltkrieg gilt den Autoren eine Beendigung des Ukraine-Krieges: Ein gerechtes Friedensabkommen und eine stabilere europäischen Ordnung "würde einen Präzedenzfall für die friedliche Beilegung von Differenzen zwischen den USA und China schaffen".

Die Politikwissenschaftlerin und Sinologin Janka Oertel will im nächsten Jahr für die Grünen als Kandidatin für die Europawahl antreten. Sie glaubt zu wissen, wie "wir mit Pekings Machtanspruch umgehen müssen". Nach etwas langatmigen Ausführungen über die Aufgaben einer wissenschaftlichen Politikberatung kommt sie endlich zum Punkt und mahnt eine "breite gesellschaftliche Debatte über Deutschlands künftigen Umgang mit Xi Jinpings China" an. In ihrem Buch findet der Leser jedoch vor allem längst Bekanntes. Unklar bleibt bis zuletzt, wer genau der chinesischen Illusion auf den Leim ging.

Josef Braml, Mathew Burrows:
Die Traumwandler.
Wie China und die USA in einen neuen Weltkrieg schlittern.
C.H.Beck,
München 2023;
198 Seiten, 18,00 €

Matthias Naß:
Kollision.
China, die USA und der Kampf um die weltpolitische Vorherrschaft.
C.H.Beck,
München 2023;
282 Seiten, 26,90 €

Janka Oertel:
Ende der China-Illusion.
Wie wir mit Pekings Machtanspruch umgehen müssen.
Piper,
Berlin 2023;
304 Seiten, 24,00 €