Frauen in der Politik : Gleiche Rechte, ungleiche Macht
Politik bleibt eine Männerdomäne - trotz über 100 Jahren Frauenwahlrecht. Ein neues Buch zeigt, warum gleiche politische Teilhabe noch immer auf sich warten lässt.
Trotz über 100 Jahren Frauenwahlrecht sind die Machtverhältnisse in der deutschen Politik nach wie vor ungleich. Doch nicht nur Frauen, sondern auch Menschen mit Migrationsbiografie, Beeinträchtigungen oder ostdeutscher Herkunft sind in Parlamenten und Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert. Warum ist das so? Welche strukturellen Hindernisse stehen einer echten Gleichberechtigung im Weg? Diesen Fragen widmet sich das Buch "Zu anders für die Macht", herausgegeben von Tannaz Falaknaz, Stefanie Lohaus und Cécile Weidhofer.

Die Herausgeberinnen Cécile Weidhofer, Stefanie Lohaus und Tannaz Falaknaz (v.l.n.r) gehen in dem Buch "Zu anders für die Macht" der Frage nach, warum die Gleichberechtigung in der Politik stagniert.
Mit Beiträgen von Politikerinnen und engagierten Frauen beleuchtet das Buch, warum der Weg in politische Ämter für Frauen steiniger ist als für Männer: sexistische Strukturen, digitale Hetze, mangelnde Vereinbarkeit von Mandat und Sorgearbeit und eine oft männlich dominierte politische Kultur, die von Ellenbogenmentalität geprägt ist.
Dass Frauen durchschnittlich schlechtere Listenplätze erhalten und sie sich in einem von Hass geprägten Klima eher gegen eine Kandidatur entscheiden, sind bekannte Probleme - und dennoch bleiben sie nach wie vor ungelöst.
Politikerinnen wie Heike Heubach und Rita Süssmuth teilen ihre Erfahrungen
Die Herausgeberinnen fordern: "Die Demokratie muss sich weiterentwickeln, um wirklich inklusiv zu sein". Diversität solle als Bereicherung und nicht als Bedrohung wahrgenommen werden. Ein wichtiger Ansatz, denn trotz Fortschritten bleibt die Tatsache bestehen: “In keinem deutschen Parlament sind Frauen seit 1919 ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend vertreten.”
Die Vielfalt der Stimmen macht das Buch lesenswert. Es kommen unter anderem Heike Heubach (SPD), die erste gehörlose Abgeordnete im Bundestag, oder Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen), eine der ersten Transfrauen im Parlament, zu Wort. Auch Rita Süssmuth (CDU), ehemalige Bundestagspräsidentin, teilt ihre Erfahrungen und zeigt, dass sich die Probleme über Jahrzehnte nur langsam verändert haben.

Tannaz Falaknaz, Stefanie Lohaus, Cécile Weidhofer (Hrsg.):
Zu anders für die Macht?
Wie mutige Frauen für Gleichberechtigung in der Politik kämpfen.
Herder,
Freiburg 2025;
240 S., 22,00 €
Durch die verschiedenen Stilformen - Essays, Interviews, Erfahrungsberichte - bleibt das Buch abwechslungsreich und zugänglich. Allerdings gibt es einige inhaltliche Wiederholungen: Dass Frauen seit 1918 das Wahlrecht besitzen oder die Gründe für die Unterrepräsentation werden mehrfach erwähnt.
Politische Teilhabe ist noch immer keine Selbstverständlichkeit
Für alle, die sich für politische Gleichberechtigung und gesellschaftliche Herausforderungen interessieren, bietet das Buch eine Bestandsaufnahme. Wer bereits politisch aktiv ist, wird wenig Neues erfahren - umso relevanter ist es jedoch für Männer und besonders jene, die politische Strukturen dominieren und verändern können. Dennoch dokumentiert "Zu anders für die Macht" anschaulich: Politische Teilhabe ist bis heute keine Selbstverständlichkeit.
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