Kurz rezensiert : Henry Kissinger: Staatskunst. Sechs Lektionen für das 21. Jahrhundert
Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger beleuchtet in "Staatskunst" anhand von sechs Politikerporträts die Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg.

Im Mai 2023 wird Henry Kissinger 100 Jahre alt. Seine jüdischen Eltern flohen mit ihm 1938 gerade noch rechtzeitig aus Nazi-Deutschland in die USA. Dort avancierte der Historiker Kissinger zu einem der jüngsten Harvard-Professoren und machte unter Präsident Richard Nixon Karriere: Zunächst als Nationaler Sicherheitsberater, dann als Außenminister. Er organisierte den strategischen Kurswechsel der USA durch eine Annäherung an Maos Volksrepublik China. Diese Kehrtwende zwang die Sowjetunion auf den Weg der Entspannungspolitik und zur Teilnahme an der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auch wenn Kissingers Votum für die Kriege in Laos, Kambodscha und Vietnam bis heute kritisiert wird, so bekam er dennoch 1973 den Friedensnobelpreis. Unbestritten bleibt seine Rolle als Friedensstifter im Nahen Osten. Dank seiner „Pendeldiplomatie“ kam es zur Annäherung zwischen Ägypten, Jordanien und Israel. Den außerordentlichen Persönlichkeiten, denen er als Diplomat begegnen durfte, widmete Kissingerersein aktuelles Buch.
Von Adenauer über Lee Kuan Yew bis Margaret Thatcher
Nach seinen Memoiren in drei Bänden und einigen opulente Standardwerken über Diplomatie, zeigt sich in „Staatskunst“ erneut der aktive und produktive Verstand des pragmatischen Realpolitikers Kissinger. Anhand von sechs Politikerporträts beleuchtet er die Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Er beginnt mit Konrad Adenauer, es folgen Charles de Gaulle, Richard Nixon, Anwar el-Sadat, Lee Kuan Yew und als einzige Frau Margaret Thatcher. In seinen „Lektionen“ vermittelt Kissinger das Wesen politischer Entscheidungen anhand der von ihm exemplarisch ausgewählten Entscheidungsträger. Sie alle seien „Architekten der Entwicklung ihrer Gesellschaften und der internationalen Ordnung“. Als Weihnachtgeschenk wird dieses lesenswerte Geschichtsbuch allen politisch Interessierten eine Freude bereiten.

Henry Kissinger:
Staatskunst.
Sechs Lektionen für das 21. Jahrhundert.
C. Bertelsmann,
München 2022;
602 S., 38 €