Naturschutz auf Kosten der Menschenrechte : Mit Sturmgewehr und Granatwerfer
Der Journalist Olivier van Beemen gewährt in seinem Buch "Im Namen der Tiere" einen kritischen Blick hinter die Kulissen der Organisation African Parks.
Es ist ein hehres Ziel: Mindestens 30 Prozent der Erdoberfläche sollen bis 2030 unter Naturschutz gestellt werden. Das haben die Staaten bei der Weltbiodiversitätskonferenz vor zwei Jahren unter internationalem Beifall vereinbart. Naturparks gerade in den artenreichsten Gebieten im globalen Süden sollen dafür vergrößert und neu geschaffen werden.
Naturschutz auf Kosten der Menschen
Doch dass der Beschluss auch eine Kehrseite hat, das ist spätestens seit den Recherchen der taz-Korrespondentin Simone Schlindwein bekannt: Ihr 2023 erschienenes Buch "Grüner Krieg" zeigt, wie in den afrikanischen Ländern Uganda und Kongo die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird. Von auch mit deutschen Fördergeldern hochgerüsteten Parkhütern werden sie teils mit roher Gewalt von ihrem Land vertrieben.
Mit seinem Buch "Im Namen der Tiere" widmet sich der niederländische Investigativjournalist Olivier van Beemen nun ebenfalls dem, was Kritiker als "grünen Kolonialismus" geißeln. Er wirft einen Blick hinter die Kulissen eines zentralen Akteurs im internationalen Naturschutz: African Parks (AP), eine im Jahr 2000 von dem niederländischen Milliardär und passionierten Jäger Paul van Vlissingen gegründete Organisation, die heute in zwölf afrikanischen Staaten 22 Naturparks verwaltet - ein Gebiet so groß wie Großbritannien.
Eine Organisation mit staatsähnlichen Strukturen
Drei Jahre recherchierte van Beemen, befragte Insider, Ex-Mitarbeiter und Parkanwohner, wurde dafür der Spionage verdächtigt, verhaftet und letztlich ausgewiesen - zu ungelegen kam AP offenbar das Buchprojekt. Tatsächlich zeichnet van Beemen das Porträt einer Organisation mit teils staatsähnlichen Strukturen und schwer bewaffneten Rangermilizen, der es nicht nur darum geht, die Natur zu schützen, sondern vor allem mit ihr Geld zu verdienen. Zielgruppe der Parks, um die AP mit dem Slogan "Entdecke die Big Five", also Büffel, Löwe, Leopard, Nashorn und Elefant, buhlt, sind nicht umsonst zahlungskräftige Safaritouristen.
Naturschutz als Business - das betreibt AP bislang erfolgreich mithilfe öffentlicher wie privater Spender, darunter auch Prominente wie Prinz Harry und Taylor Swift. Menschenrechte stören da, wie van Beemens kenntnisreich und spannend geschriebenes Buch anhand von vielen Zeugen belegt. Versprechen auf Beteiligung der lokalen Bevölkerung am Gewinn oder zumindest Entschädigung für den Verlust von Lebensgrundlagen werden gebrochen, Kritiker nicht nur mundtot gemacht.
Olivier van Beemen:
Im Namen der Tiere.
Wie eine NGO große Teile Afrikas beherrscht.
C.H. Beck,
München 2024;
315 Seiten, 28,00 €