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Kurz rezensiert : Warnung vor einer sozialpolitischen Zeitenwende

Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge sieht den sozialen Frieden bedroht. Die aktuellen Krisen würden auf dem Rücken der Unterprivilegierten ausgetragen.

16.05.2024
True 2024-05-16T18:57:10.7200Z
2 Min

Die wirtschaftliche und soziale Ungleichheit ist das Lebensthema von Christoph Butterwegge. In seiner jüngsten Veröffentlichung warnt der emeritierte Professor für Politikwissenschaft an der Universität Köln vor einer "sozialpolitischen Zeitenwende", interpretiert die vielzitierte Floskel also in einem ganz anderen Sinne als Bundeskanzler Olaf Scholz. Butterwegge sieht Deutschland im permanenten "Krisenmodus", herausgefordert durch die Pandemie, den Ukrainekonflikt und die hohe Inflation.

Prognose: Soziale Verwerfunge durch wachsenden Militärausgaben

Der Anfang des Buches über die Corona-Krise ist weniger spannend, hier wiederholt der Verfasser Argumente aus einer früheren Publikation. Interessanter wird es im zweiten Teil über die "polarisierende Wirkung der nächsten Krisen und Kriege". Butterwegge prognostiziert, dass vor allem die stark wachsenden Militärausgaben mittel- und langfristig zu "sozialen Verwerfungen" führen könnten. Die "Konsolidierungsmaßnahmen" der Ampelkoalition würden "auf dem Rücken der Unterprivilegierten" ausgetragen.

Exemplarisch steht für den Armutsforscher der Zank um die Kindergrundsicherung zwischen Christian Lindner und Lisa Paus. Der FDP-Haushaltshüter, der die "schwarze Null" unbedingt halten will, stellte sich den finanziellen Wünschen der grünen Familienministerin vehement entgegen. Binnen weniger Monate wurde das Projekt von zwölf auf zwei Milliarden Euro abgespeckt - während die Mittel für eine "kriegstüchtige" Bundeswehr stark erhöht wurden.


Christoph Butterwegge:
Deutschland im Krisenmodus.
Infektion, Invasion und Inflation als gesellschaftliche Herausforderung.
Beltz,
Weinheim 2024;
270 Seiten, 24,00 €


Zugespitzt formuliert zeigt Butterwegge "Entwicklungsalternativen zwischen Rüstungs- und Sozialstaat" auf. Die einseitige Schwerpunktsetzung im Bundesetat stelle aber auch andere zentrale Zukunftsaufgaben wie die ökologische Transformation in Frage. Der Autor fürchtet um den sozialen Frieden. Die Folgen der "multiplen Krisen" ließen gesellschaftliche Fundamente erodieren und beförderten die Beliebtheit rechtspopulistischer Parteien.