Glosse : Lucy in the Sky with Diamonds
Ein Bindestrich anstelle eines Kommas im Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz könnte neue Möglichkeiten des Konsumierens ermöglichen. Kann ein Komma Drogen legalisieren?
Nach diversen Reformen in den vergangenen Jahrzehnten folgt die Kommasetzung im Deutschen inzwischen den Regeln, die auch in den dunklen Ecken hedonistischer Berliner Clubs gelten: Anything goes, alles kann, nichts muss, dein Kink, dein Komma - Hauptsache, es fühlt sich richtig an und ist kein Semikolon. All die Warnungen unserer Paukerinnen und Pauker haben ihre Wirkung verfehlt: "Komm, wir essen(,) Opa!" hatten sie uns vorgebetet, um die Fallstricke der Interpunktion mit einer Prise Kannibalismus begreifbar zu machen. Doch vielleicht war und ist dieses Sprachspiel einfach zu lebensfremd. Opa ist jetzt sowieso Best Ager und selten zuhause, und seine Enkelinnen und Enkel leben vegan. Gut für Großvater, schlecht für die Grammatik.
Wenn das Komma an entscheidender Stelle fehlt
Mehr lernfördernde Lebensnähe, gerade im Club, verspricht neuerdings ein Blick ins Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz. Darin wird deutlich, wie bedeutsam so ein Satzzeichen für die Verständlichkeit eines Textes ist - und den Bewusstseinszustand mancher Leserinnen und Leser. Nach der letzten Novelle fehlt an entscheidender Stelle nämlich ein Komma. Und damit, so argumentieren einige spitzfindige Juristinnen, sind bestimmte Derivate der verbotenen Droge LSD nun (wieder) legal. Schon finden sich im Netz diverse Hobbychemiker, die den vermeintlich legalen Höhenflug versprechen. Es könnte allerdings auch ein tatsächlicher und womöglich rechtlicher Horrortrip für Anbietende und Abhebende drohen.
Bevor das Land nun in einem grammatisch-induzierten Rauschzustand auf- und/oder untergeht und den Spielzeugläden die Chemiebaukästen ausgehen, will das kommabefreite Gesundheitsministerium den Fehler schnell korrigieren. Cannabis soll hingegen bald legalisiert werden: Komm, wir rauchen einen(,) Opa!