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Vor 40 Jahren : Als die Bundesregierung die Prager Botschaft schließt

In den 1980er Jahre wurde das Palais Lobkowitz in Prag für DDR-Bürger zum Tor in den Westen. Doch die Welle von Ausreisewilligen führte zur Schließung der Botschaft.

26.09.2024
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2 Min
Foto: picture-alliance / dpa

DDR-Bürger warten in Zelten vor der deutschen Botschaft in Prag auf ihre Ausreise. Bei der Versorgung der Flüchtlinge erhält die Botschaft Unterstützung durch das Deutsche Rote Kreuz.

Mitte der 1980er Jahre entwickelte sich das Palais Lobkowitz, der Sitz der bundesdeutschen Botschaft in Prag, für viele DDR-Bürger als Tor zum Westen. Als es im Frühjahr 1984 der Nichte des DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph gelang, über die Botschaft in den Westen auszureisen, sprach sich das in der DDR herum. Von einem "Geheimtipp" war die Rede. 

Immer mehr Ausreisewillige suchten daraufhin Zuflucht im Palais. Nach einem Ansturm am 4. Oktober 1984 waren 150 Ausreisewillige, ein Viertel von ihnen Kinder, in der Botschaft. Weder die sanitären Einrichtungen noch die Küche waren auf so viele Personen ausgelegt. Die Bundesregierung sah sich gezwungen, die Botschaft vorübergehend zu schließen.

Der Weg zur Ausreise: ein diplomatischer Kampf

Die Lage spitzte sich aber weiter zu. Im November schickte die Bundesrepublik Mediziner und Psychologen nach Prag. Die DDR sagte den Menschen zwar Straffreiheit bei Rückkehr zu, eine Ausreise in den Westen blieb dann jedoch ungewiss. Während einige Menschen in die DDR - trotz Angst vor einer Verhaftung - zurückkehrten, traten andere Mitte Dezember in den Hungerstreik. Die Verhandlungen zwischen Bonn und Ost-Berlin verliefen indes zäh. Erst im Januar 1985 kehrte die letzte Gruppe aus der Botschaft in die DDR zurück. Das Regime hatte zugesagt, die Ausreiseanträge zu prüfen, was in der Regel zu einer Ausreiseerlaubnis führte. Die Botschaft wurde nach einer Renovierung im Februar wiedereröffnet.

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Fünf Jahre später standen erneut tausende DDR-Bürger vor dem Palais. Am 30. September 1989 erklärte Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) auf dem Balkon der Botschaft: "Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise..." Der Rest ging im Jubel unter. Daraufhin führte die DDR bis zum 1. November 1989 die Visumspflicht für Reisen in die Tschechoslowakei ein, was den Flüchtlingsstrom fast vollständig stoppte.