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Vor 55 Jahren : Bundestag reformiert Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Es glich einer Revolution im Arbeitsrecht: 1969 reformierte der Bundestag die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Fortan sollte sie für alle Arbeitnehmer gelten.

07.06.2024
True 2024-06-06T17:13:56.7200Z
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"Es war eine meiner schlimmsten Auseinandersetzungen", erklärte Hans Katzer (CDU) einmal rückblickend. Als "Totengräber des Handwerks" sei er gesehen worden, als während seiner Amtszeit als Bundesarbeitsminister in der ersten Großen Koalition am 12. Juni 1969 ein neues Gesetz über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verabschiedet wurde. Gegner der Reform hatten das Bild des Totengräbers aufgegriffen: Bei einer Protestaktion trugen sie einen Sarg mit Hans Katzers Namen durch die Beethovenhalle in Bonn.

Unter Bundesarbeitsminister Hans Katzer (CDU) wurde die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für Arbeiter zum Gesetz.   Foto: picture alliance/United Archives/Sven Simon

Dabei sorgte der Bundestag mit dem Gesetz für mehr Gerechtigkeit. Arbeitgeber waren nach dem neuen Gesetz künftig verpflichtet, auch Arbeitern den vollen Bruttolohnausgleich während der ersten sechs Krankheitswochen zu zahlen. Für Angestellte galt diese Regel schon lange. Insbesondere kleine Handwerksbetriebe fürchteten unkalkulierbare Kosten, waren doch bislang die Krankenkassen für die Lohnfortzahlung zuständig. Vor allem die FDP teilte die Sorgen der Wirtschaft. Schon einmal war ein entsprechender Entwurf im Bundestag gescheitert. Zu teuer für die Wirtschaft, hatte es schon 1956 geheißen. Mit einem 16-wöchigen Streik in Schleswig-Holstein wollte daraufhin die IG Metall die Lohnfortzahlung für Arbeiter tarifvertraglich durchsetzen. Die Streikenden erreichten jedoch lediglich, eine Zuschusszahlung, die das Krankengeld auf 90 Prozent des Nettolohns aufstockte.

Die Teilung blieb - bis 1969: "Es geht darum, dass Rang, Würde und Stellung des Arbeiters (...) nicht schlechter gewertet werden als Rang, Würde und Ansehen des Angestellten", erklärte Katzer damals vor der Abstimmung über die Neuregelung, die mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.