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Vor 35 Jahren... : Deutsche Delegation reist zur "Colonia Dignidad"

Die deutsche Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile wurde durch Vorfälle sexuellem Missbrauchs weltweit bekannt. Die deutsche Außenpolitik schaute jahrelang weg.

05.12.2022
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1 Min
Foto: picture-alliance / dpa

Das Hauptquartier der Sekte "Colonia Dignidad" liegt in Parral knapp 400 Kilometer südlich von Santiago in Chile.

Ob der Bundesregierung bekannt sei, dass in einem "im Süden Chiles gelegenen Lager" mit dem Namen "Colonia Dignidad", "verschleppte Deutsche, vor allem auch Kinder, seit Jahren ihrer Freiheit beraubt, sexuell misshandelt und gefoltert werden", wollte der SPD-Abgeordnete Rudolf Schöfberger wissen. Die Antwort des Auswärtigen Amtes erfolgte am 14. Dezember 1987: Aufgrund von "Berichten entflohener früherer Mitglieder" wisse man von den "schwerwiegenden Vorwürfen".

Am selben Tag traf in Santiago de Chile eine deutsche Untersuchungskommission ein, "die sich an Ort und Stelle mit den Verhältnissen vertraut machen soll". Vom Ergebnis dieser "Informationsreise" wolle die Regierung ihr "weiteres Vorgehen" abhängig machen.

Deutscher Delegation wird Zutritt verweigert

Doch daraus wurde nichts. Die Leitung von "Colonia Dignidad", die von einem aus der Bundesrepublik ausgewanderten Sektenführer gegründet wurde, untersagte der siebenköpfigen Delegation den Zutritt, "ausländische Kommissionen hätten in der Kolonie", in der etwa 300 Deutsche gelebt haben sollen, "nichts zu suchen", hieß es. Am 17. Dezember überflog die Abordnung aus Bonn das Gelände mit einem Hubschrauber, bevor sie einen Tag später unverrichteter Dinge wieder abreiste.

Experten kritisieren die Rolle Deutschlands in dem Fall: Diplomatie und Justiz seien trotz vieler Hinweise auf Verbrechen nicht eingeschritten. 2016 räumte der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein: "Über viele Jahre hinweg, von den 60er bis in die 80er Jahre haben deutsche Diplomaten bestenfalls weggeschaut - jedenfalls eindeutig zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute getan."