Vor 70 Jahren... : Live aus der Herzkammer der jungen Demokratie
Am 6. Oktober 1953 erfolgte die erste Live-Übertragung aus dem Bundestag. Wenig später war es damit erst einmal wieder vorbei.
Nicht immer war das Fernsehen ein gern gesehener Gast in den Plenardebatten.
Anfang der 1950er Jahre waren bundesweit gerade einmal 17.000 Fernsehgeräte angemeldet. Fernsehen fand häufig noch in sogenannten Fernsehstuben statt. Einen regelmäßigen Sendebetrieb gab es ohnehin erst seit Ende 1952. Bewegte Bilder aus dem Bundestag - Mangelware. Lediglich die Wochenschauen im Kino berichtete mit Filmbeiträgen aus Bonn. Ansonsten sendete nur die Radiosendung "Die Woche im Bundestag" Ausschnitte aus den Debatten. Doch am 6. Oktober 1953 änderte sich das: Erstmals konnten die Deutschen eine Sitzung des Parlaments live vor den Fernsehgeräten verfolgen.
Damals trat der zweite Deutsche Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, die Alterspräsidenten Marie-Elisabeth Lüders (FDP) eröffnete. Doch schon bald sollten die Übertragungen wieder eingestellt werden. 1954 entbrannte ein Streit über die Pariser Verträge, die die Westintegration der Bundesrepublik regeln sollten. Die Debatten im Bundestag wurden hitziger. Skeptiker waren schon länger der Meinung, dass heftige Auseinandersetzungen dem Ansehen von Politikern und Parlament schaden könnten. Wenn jemand plötzlich "schreit und Grimassen zieht, dann wirkt das äußerst befremdlich" auf den "Bürger, der sich zu Hause die Sache ansieht", blickte der spätere Bundespräsident Karl Carstens (CDU) in den 1970er Jahren zurück. 1957 wurde das Fernsehen mit Hinweis auf den laufenden Wahlkampf nicht mehr zugelassen, 1958 ganz aus dem Parlament verbannt. Erst 1966 wurden Übertragungen wieder generell erlaubt. Heute können alle Debatten unter bundestag.de live verfolgt werden.