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Foto: DBT / photothek / Kira Hofmann
Mahnmal mitten in der Fan Zone: Eine zerstörte Tribüne aus einem Stadion in Charkiw macht Fußballbegeisterte auf die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine aufmerksam.

EM-Fan Zone am Reichstagsgebäude : 21 Sessel zeigen, dass Fußball nicht gegen Krieg immun ist

Vor dem Reichstagsgebäude macht eine zerstörte Stadiontribüne aus dem ukrainischen Charkiw auf die Folgen des Angriffskriegs aufmerksam – mitten in der EM-Fanmeile.

05.07.2024
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2 Min

Am frühen Nachmittag herrscht noch Ruhe in der Fan Zone der Fußball-EM vor dem Berliner Reichstagsgebäude. Leise läuft Musik, während vereinzelt Besucher die 21 kaputten blauen und gelben Sessel einer Fußballstadion-Tribüne betrachten, die mittendrin in dieser Partykulisse steht. Einige halten inne, berühren die zerstörten Plastiksessel und sind für einen Moment weit weg von der Feierstimmung, die der Ort ausstrahlt.

Gebaut für die EM 2012, zerstört im Mai 2022

Der Tribünenteil stammt aus dem Sonjatschnyj-Stadion im ostukrainischen Charkiw, der Trainingsstätte der ukrainischen Fußballnationalmannschaft - bis das Stadion im Mai 2022 durch russische Raketenangriffe zerstört wurde. Vor zwölf Jahren saßen hier noch Fußballfans aus der ganzen Welt zusammen; Charkiw war eine der vier ukrainischen Austragungsstädte der Fußball-EM 2012, die das Land gemeinsam mit Polen ausrichtete.

Foto: DBT / photothek / Kira Hofmann

Die Folgen russischer Angriffe auf ukrainische Sportstätten werden mit Fotos und VR-Brille erlebbar. Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) schaute sich das zerstörte Fußballstadion in 360-Grad-Ansicht an.

Es ist ein Schicksal, dass das Sonjatschnyj-Stadion mit vielen ukrainischen Sportstätten teilt: Bis heute wurden nach Angaben des Ukrainischen Fußballverbands 500 Sportstätten durch russische Bomben- und Raketenangriffe beschädigt oder zerstört, darunter 77 Fußballstadien.

Makeiev: Während hier Fußball geschaut wird, ist in Charkiw immer wieder Luftalarm

Jetzt reisen die Überreste der Tribüne als Mahnmal durch Europa. Zuletzt war sie während der Spieltage der ukrainischen Fußballnationalmannschaft auf dem Wittelsbacherplatz in München und in Düsseldorf vor dem Rathaus zu sehen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev eröffneten die Installation am Dienstag vor dem Reichstagsgebäude. Bas erinnerte daran, dass auch die deutsche Mannschaft für die EM 2012 im Sonjatschnyj-Stadion trainiert habe und sagte mit Blick auf die laufende Europameisterschaft, die Installation zeige, wie nah Leid und Freude beieinander lägen. "Bei der EM feiern wir europäische Werte und wissen: Die Ukraine gehört zu Europa", betonte sie. "Mit dieser Tribüne wollen wir zeigen, dass Fußball nicht immun ist gegen Krieg", erklärte Botschafter Makeiev. Während in Deutschland Fußball geschaut werde, gebe es in Charkiw immer wieder Luftalarm - allein im Juni an 19 Tagen, so Makeiev.

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Begleitet wird die Tribüne von einer Installation zur Geschichte des Stadions. Mit Hilfe virtueller Realität können Besucher in einer 360-Grad-Ansicht Aufnahme des Stadions aus dem letzten Monat sehen. Daneben zeigt eine Slideshow, wie Sportstätten in Zeiten des Krieges aussehen: zerstörte Außenmauern von Stadien, vertrocknete Spielfelder mit Kratern übersät, zerrissene Tornetze. Im Stadion der Stadt Tschernihiw im Nordosten des Landes ragt sogar eine Rakete aus dem Spielfeld.

Die Installation in der Fan Zone Reichstag ist täglich zwischen 14 und 24 Uhr zugänglich. Sie wird noch bis zum 7. Juli in Berlin gezeigt - eventuell auch bis zum Finalspiel am 14. Juli.