Ausstellung im Bundestag : Der Friedensnobelpreisträger, der im Gefängnis sitzt
Seit 2021 ist der Menschenrechtsaktivist Ales Bialiatski inhaftiert. Im Bundestag erzählt eine Ausstellung über seinen Einsatz für die Demokratie und Menschenrechte.
Als Ales Bialiatski im Dezember 2022 den Friedensnobelpreis für sein herausragendes und unerschütterliches Engagement für Menschenrechte erhalten soll, kann er den Preis nicht annehmen. Zu diesem Zeitpunkt sitzt er bereits seit anderthalb Jahren in einem Gefängnis in Belarus. Der Vorwurf gegen ihn lautet Steuerhinterziehung. Das Urteil: zehn Jahre Haft. Doch die Anklage wird als Vorwand gesehen:
Zentrale Figur der Demokratiebewegung in Belarus
Denn Bialiatski ist seit Mitte der 1980er Jahre eine zentrale Figur der belarussischen Demokratiebewegung. Immer wieder hat der Menschenrechtsaktivist gegen gefälschte Präsidentschaftswahlen protestiert und den seit 1996 ununterbrochen amtierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko öffentlich kritisiert. Bialiatskis Einsatz für ein demokratisches Belarus führte schließlich zur Gründung des Menschenrechtszentrums "Viasna", was auf Deutsch "Frühling" bedeutet.
Der Menschenrechtsaktivist Ales Bialiatski wurde in Belarus zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, Geld veruntreut zu haben. Doch Organisationen wie Amnesty International gehen davon aus, dass er für seine Menschenrechtsarbeit bestraft wird.
Nun widmet der Bundestag Bialiatski eine Ausstellung. Unter dem Titel "I am not afraid, let them be afraid!" (auf Deutsch: "Ich habe keine Angst, lass sie Angst haben") dokumentiert die Schau den komplexen und kontinuierlichen Kampf des Aktivisten und beleuchtet sowohl sein Leben als auch seine unermüdlichen Bemühungen, die Zivilgesellschaft in Belarus zu stärken. Doch die Ausstellung ist nicht nur die Würdigung eines mutigen Mannes. Sie ist auch ein Appell an die internationale Gemeinschaft, den Kampf für die Menschenrechte nicht zu vernachlässigen.
OSZE: Seit 1995 keine einzige Wahl in Belarus frei und fair
Neben Bialiatski sitzen nach Schätzungen des Menschenrechtszentrums Viasna mindestens 1.400 weitere politische Aktivistinnen und Aktivisten in Belarus in Haft. Viele von ihnen wurden im Zuge von Massenprotesten nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl im August 2020 festgenommen, gedemütigt und gefoltert. Die Demonstrierenden warfen Präsident Lukaschenko Wahlfälschung vor. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat seit 1995 keine einzige Wahl in Belarus als frei und fair eingestuft.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt verurteilte in ihrer Rede zur Ausstellungseröffnung die "menschenverachtende Politik des belarussischen Lukaschenko-Regimes" und forderte die bedingungslose und unverzügliche Freilassung der politischen Gefangenen. "Lieber Ales, wir vergessen dich nicht", sagte sie in ihrer Rede und appellierte an die anwesenden Gäste und Abgeordneten, Patenschaften für belarussische Gefangene zu übernehmen. Das sei eine Möglichkeit den Aktivistinnen und Aktivisten zu zeigen: "Wir sind bei euch, wir stehen zu euch, wir bleiben bei euch".
Ehemaliger Gefangener berichtet von Haft
Einer, der auch in Belarus in Gefangenschaft saß, ist der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Leanid Sudalenka, ein langjähriger Weggefährte Bialiatskis. Bei der Ausstellungseröffnung berichtete er von seinen Erfahrungen und den unmenschlichen Bedingungen in Haft.
So habe es im Gefängnis in Belarus keine Gesundheitsversorgung und keinen Kontakt zur Außenwelt gegeben. Nicht einmal Decken oder eine Matratze hätten die Inhaftierten in ihren Zellen bekommen. Pakete von Familienmitgliedern seien nicht zugestellt worden. Seit seiner Freilassung im Juli vergangenen Jahres lebt Sudalenka im selbstgewählten Exil. Im Bundestag appellierte er an die Anwesenden, Belarus nicht zu vergessen und mahnte: "Europa hört nicht hinter Warschau auf".