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Beim Sprachendienst des Bundestages : Von Englisch bis Laotisch

Ohne Übersetzung geht es nicht: Egal ob bei Auslandsreisen der Parlamentarier oder internationalen Verträgen. Der Sprachendienst des Bundestages ist viel gefordert.

17.05.2024
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3 Min

Über 1.000 Auslandsdienstreisen haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages allein in der ersten Hälfte der aktuellen Legislaturperiode absolviert - und die Zahl steigt stetig. Einige besuchten die Weltraumkonferenz in Ecuador, andere informierten sich über die aktuelle Menschenrechtslage in einem Zentrum für Frauen im Irak. "Wir decken die ganze Welt ab.", sagt Bernd Gemmel - und meint damit nicht die reisenden Abgeordneten, sondern den Sprachendienst des Bundestages. Denn ohne diesen wäre der internationale Austausch von Abgeordneten und Parlamenten kaum möglich.

Foto: DBT/Janine Schmitz/photothek

Manchmal sind weniger bekannte Sprachen wie Laotisch oder Khmer gefragt: Der Sprachendienst des Bundestages erstellt Übersetzungen und vermittelt Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Parlamentsarbeit.

Gemmel ist studierter Politologe und koordiniert für den Bundestag die Einsätze von Dolmetscherinnen und Dolmetschern. Allein im vergangenen Jahr waren es 800 Aufträge. Dem Sprachendienst stehen lediglich sechs festangestellte Dolmetscherinnen und Dolmetscher zur Verfügung. "Das ist natürlich viel zu wenig, bei den zahlreichen Aufträgen", erzählt Gemmel. Daher sei der Bundestag häufig auf externe Sprachmittler und -mittlerinnen angewiesen oder müsse bei den Sprachendiensten der Bundesministerien um Hilfe bitten.

Über zwanzig Auslandsreisen in einer Woche

Insbesondere während der Sitzungspausen ist der Sprachendienst gefordert - die Zeit, in der das Parlament nicht tagt, bietet sich zum Reisen an. So kann es vorkommen, dass der Sprachendienst in einer 14-tägigen Sitzungspause Dolmetschereinsätze bei über zwanzig Auslandsreisen von einzelnen Abgeordneten, mehreren Ausschüssen oder ganzen Parlamentarier-Gruppen koordiniert.

Aber auch in Berlin ist der Sprachendienst unverzichtbar: Bei Besuchen ausländischer Parlamentspräsidentinnen oder Aussagen internationaler Zeugen vor der Enquete-Kommission muss übersetzt werden. Für Weltsprachen wie Englisch oder Französisch sei das kein Problem, sagt Gemmel. Herausfordernd werde es, wenn Sprachmittler für Laotisch oder Khmer benötigt würden - auch das sei schon vorgekommen.


„Wir brauchen einen Vorlauf von zwei bis drei Monaten, um Gebärdensprachdolmetscher zu engagieren.“
Bernd Gemmel vom Sprachendienst des Bundestages

Die Herausforderungen des Sprachendienstes nehmen zu: Insbesondere durch den immer häufigeren Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern, um die Veranstaltungen des Bundestages inklusiv zu gestalten. Gebärdensprachdolmetscher zu finden, sei eine Herausforderung, sagt Gemmel. Denn es herrscht Personalknappheit: "Wir brauchen einen Vorlauf von zwei bis drei Monaten, um Gebärdensprachdolmetscher zu engagieren. Die wenigen, die es gibt, sind ganz schwer zu bekommen."

20.000 übersetzte Seiten pro Jahr

Neben den Dolmetschereinsätzen kümmert sich der Sprachendienst auch um schriftliche Übersetzungen. Darunter fallen internationale Vetragstexte, Reden für Bundestagsabgeordnete im Ausland oder Broschüren des Bundestages für internationale Besuchergruppen. Jährlich werden rund 1.100 Aufträge bearbeitet, was insgesamt etwa 20.000 übersetzten Seiten entspricht. Thomas Santelmann, der beim Sprachendienst für die schriftlichen Übersetzungen zuständig ist, erklärt: "Am häufigsten nachgefragt sind Übersetzungen zwischen Englisch und Deutsch. Französische Übersetzungen folgen an zweiter Stelle und alle anderen Sprachen mit deutlichem Abstand". Doch wie werden typisch deutsche Parlamentsbegriffe wie "Hammelsprung" oder "Überhangmandat" übersetzt? Der Bundestag hat dafür eine öffentlich zugängliche Terminologiedatenbank eingerichtet. Mittlerweile sind dort über 60.000 Einträge zu parlamentarischen Fachworten in englischer, deutscher und französischer Sprache zu finden.

Seit ein paar Jahren sei ein Vormarsch von maschinellen Übersetzungen und Übersetzungen mit Künstlicher Intelligenz zu beobachten, sagt Santelmann. Dennoch sieht er die Zukunft seines Berufes nicht bedroht: "Mit KI können Texte schon flüssig und kohärent übersetzt werden, das heißt aber nicht, dass sie auch immer inhaltlich richtig sind". Es fehle das Feingefühl für diplomatische Nuancen und Zwischentöne, das menschliche Übersetzerinnen und Übersetzer bieten. Häufig komme es insbesondere in der Politik darauf an, zwischen den Zeilen zu lesen, sagt Santelmann. "Und das kann die KI noch nicht."