Parlamentarisches Profil : Der Hanseatische: Christoph de Vries
Der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries pendelt seit 2017 zwischen seinem Wahlkreis Hamburg und Berlin. Er möchte, dass der Bundestag weiter zugänglich bleibt.
Weg vom Tor zur Welt hin zur kleinen Spree, diese politische Reise dauerte für Christoph de Vries, einen eingefleischten Hamburger, trotz seiner jungen Jahre recht lang. Da hatte er in seiner Hansestadt einiges an Politik erlebt. Es ist halb elf am Vormittag, er schreibt noch schnell eine Mail fertig, bald geht es ins Plenum, aber in den wenigen Minuten dazwischen fühlt man sich im Büro in der Adele-Schreiber-Krieger-Straße ein bisschen wie im Urlaub - vielleicht liegt es an den Holzwänden des Neubaus, der den nahen Bundestag weit weg scheinen lässt. Man könnte es Saunaflair nennen, "hier herrscht gutes Raumklima", sagt de Vries, "manchmal knackt es auch".
Christoph de Vries ist seit 2017 Mitglied des Bundestages und sitzt im Innenausschuss und Parlamentarischen Kontrollgremium.
Risse im politischen System erträumten sich wohl auch jene selbst ernannten "Reichsbürger", die Anfang Dezember in U-Haft genommen worden waren; die Polizei hatte bei Razzien dutzende Waffen gefunden. "Ich kann nur warnen, das in irgendeiner Form zu verharmlosen", sagt das Mitglied im Innenausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium. "Das ist keine senile Spinnertruppe. 25 erwirkte Haftbefehle zeigen eine gravierende Dimension auf." Die Gruppe hatte im Sinn gehabt, den Bundestag zu stürmen, Mitglieder der Bundesregierung zu "verhaften", so der Vorwurf. Sind die Gebäude genug gesichert? "Ich tue mich schwer, den Bundestag zu einer Festung zu machen", sagt de Vries und lehnt sich zurück. "Wir sollten zugänglich bleiben."
Hanseat durch und durch
De Vries, 48-jähriger Bundestagsabgeordneter der CDU aus Hamburg-Mitte, merkt man das Hanseatische sofort an. In der Partei gehört er zu den so genannten "Wertkonservativen", früher pries er den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz, als der noch nicht politisch abgestürzt war. Doch in seinen Worten klingt das gelassener, eben gediegen. Eine Verschärfung der Waffengesetze? "Wir müssen nun genau hinschauen, welches Arsenal genau gefunden wurde, wir haben schon das schärfste Waffengesetz Europas." Und was sagt er zum Vorwurf, die Union würde weniger scharf und laut auf diesen "Reichsbürgerputschplan" reagieren als auf die Klimaaktivisten der "Letzten Generation"? "Das ist völlig unsinnig", wird er ein einziges Mal ein wenig ungehalten, um gleich temperiert fortzufahren: "Wir sind die einzige Partei, die immer vor allen extremistischen Bedrohungen warnt. Wir haben den 360-Grad-Blick."
Für den Sohn eines Exportkaufmanns, der sein erstes Lebensjahr in Dubai verbrachte und an der Elbe in Iserbrook aufwuchs, gab es Weitsicht im Alltag, "wir hatten oft Gäste aus aller Welt daheim zu Besuch"; Erdung kam durch die katholische Erziehung und die katholischen Schulen, die er bis zum Abitur durchlief. An der Hamburger Universität studierte de Vries Soziologie, da war das Interesse für Politik längst da. "Mit zehn ging es los, da stritt ich mich mit meinem Vater um den Politikteil des Abendblatts", erinnert er sich. Mit 20 trat er in die Junge Union ein, sechs Jahre später, noch als Student, zog er in die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte ein; da hatte er dann den ruhigen Westen der Stadt verlassen, hatte zeitweilig auf St. Pauli, 20 Meter neben dem Reeperbahn-Straßenschild gewohnt. Nach zehn Jahren dann der Wechsel in die Bürgerschaft, die er 2015 wegen Mandatsverlust verlassen musste. Ein Jahr später indes stellte ihn die Partei als Kandidat für die Bundestagswahl 2017 auf - seitdem pendelt er zwischen Hamburg und Berlin.
Vom Justizressort über die Haushaltspolitik zur Innenpolitik
Politik war also recht schnell im Blut. Doch auch Behörden lernte der junge Lokalpolitiker kennen, nach dem Studium arbeitete er als persönlicher Referent des Justizsenators, wechselte in die Finanzbehörde, war am Ende Vizereferatsleiter im Amt für Haushalt. Dennoch wurden die Finanzen weniger sein Arbeitsgebiet als Abgeordneter. In der Bezirksversammlung zuständig für Stadtentwicklung und Verkehr, in der Bürgerschaft für Familie, Kinder und Jugend beackert er nun im Bundestag die Innenpolitik. Wie kam es zu dieser Vielfalt? "Das sucht man sich nicht aus", sagt er, "Chancen ergeben sich". Er hat sie ergriffen. Und eilt nun zum Plenum.