Parlamentarisches Profil : Die Optimistin: Zoe Mayer
Zoe Mayer stieß mit 14 wegen des Tierschutzes zu den Grünen. Im Bundestag sitzt sie im Landwirtschaftsausschuss. Wie blickt sie auf den Protest der Landwirte?
Das Grauen brachte sie in die Politik, aber ihren Optimismus hat Zoe Mayer noch nicht verloren. Es ist 12:30 Uhr, sie ruft kurz an. Die Bauern mit ihren Traktoren unweit auf der Straße des 17. Juni hört man nicht. Was Menschen Tieren antun dürfen - das Entsetzen darüber brachte die damals 14-jährige Karlsruherin zur Grünen Jugend. Heute, wiederum 14 Jahre später, ist sie Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Landwirtschaftsausschuss, hat sich mit den Bauernprotesten vor ihrer Tür auseinanderzusetzen - und mit dem Zustand der Ampelkoalition, die einigen Zeitgenossen als ein Zustand der Zerrüttung vorkommt. Und Mayer?
Zoe Mayer sitzt seit 2021 im Bundestag. Zuvor war sie von 2014 bis 2021 Mitglied des Karlsruher Stadtrates, seit 2019 als Vorsitzende ihrer Fraktion. Mayer ist Mitglied im Landwirtschaftsausschuss.
"Ich bin froh, wie sich die Debatte entwickelt hat", sagt sie mit Blick auf den Streit um die Agrardiesel-Subventionen und Kfz-Steuerbefreiungen. "Die Vorschläge wurden nicht komplett durchargumentiert. Eine Korrektur ist gut und gehört zur Demokratie." Es gebe bessere Instrumente, um die Tragfähigkeit der Landwirtschaft zu fördern. "So haben sich viele überfahren gefühlt."
Arbeit in einem kranken System
Und sie auch? Mayer antwortet sofort. "In der Politik muss man mit allem rechnen, aber diese Entscheidungen waren der Haushaltsnot geschuldet, die rasch gelöst werden musste." Bei einem normalen Etat, fügt sie hinzu, "wäre es nicht so abgelaufen und nicht zu solchen Protesten gekommen". Aber geht es den Bauern nicht auch um Anderes? "Klar, dass Landwirtinnen und Landwirte sich in ihrer Existenz bedroht sehen, wenn eine einzelne Subvention wegfällt, zeigt ein strukturelles Problem auf." Eines, an dem die Ampel arbeiten wolle. "Jahrzehntelang wurde ein Wachstumsdogma verfolgt, das die Landwirtschaft zu rasant steigender Produktivität nötigte", sagt sie. "Die Bauern arbeiten in einem kranken System."
Überhaupt, das Regieren: Früher hätten Regierungen mehr hinter den Kulissen agiert und einen Reformstau produziert, "wir aber haben uns nun viel vorgenommen, und ein Dreierbündnis kann allein wegen der normalen Unterschiede zwischen den beteiligten Parteien nicht so hinter verschlossenen Gardinen agieren." Das sei gut für die Demokratie, die Ampel besser als ihr Ruf. "Ich bin immer optimistisch." Ein Blick auf die Koalition, der seltener wird.
Auf ihrer Website steht der Satz "Ich will meine Zeit nutzen, um..." nicht nur einmal. Mayer hat also einiges vor, und damit ist sie 2021 für die Grünen im Bundestag gelandet - mit einem direkt im Wahlkreis gewonnenen Mandat. 2014 wurde sie jüngstes Stadtratsmitglied in der Geschichte Karlsruhes, 2019 dort Fraktionsvorsitzende; die städtischen Gremien, in der sie die Fraktion vertrat, sind nicht wenige. Parallel studierte sie am Karlsruher Institut für Technologie Wirtschaftsingenieurwesen, machte ihren Master mit Auszeichnung und promovierte zu Klimaschutz im Gebäudesektor. Das alles klingt grundsätzlich und eilig zugleich. "Ich bin kein Fan des Müßiggangs", sagt die 28-Jährige. Mal nichts machen, das falle ihr schon schwer. Aber sie koche gern, mache Kraftsport; da bleibt für Nichtstun kaum Zeit.
Zurück in die Wissenschaft oder eine zweite Legislatur?
Letztendlich zur Politik kam Mayer, weil sie sich in ihrer frühen Kindheit über mangelnden Tierschutz in der Landwirtschaft "emotionalisierte", über die kleinen Ställe, die Massenhaltung. "Das sind absurde und perverse Systembestandteile." In der neunten Klasse hörte sie mit dem Fleischkonsum auf. Zuhause sei Parteipolitik nicht großes Gesprächsthema gewesen, sagt sie. Aber im Südwesten Deutschlands gibt es viele Ortsgruppen der Grünen Jugend und nicht Wenige, die im jungen Alter ähnlich durchstarten wie Mayer.
Die Bundesregierung soll Konzepte, die zum Umbau der Landwirtschaft vorliegen, umsetzen, meint der CSU-Politiker und Landwirt Artur Auernhammer.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wirbt für parteiübergreifende Lösungen für die Landwirtschaft. Die Union wirft der Ampel Politik gegen den ländlichen Raum vor.
Wie sinnvoll sind die Agrar-Staatshilfen? Anne Kokenbrink will mehr Freiräume für die Bauern, Wolfgang Mulke findet Subventionen nötig: Ein Pro und Contra.
Im Reichstag angekommen scheint sie jedenfalls zu sein. "Politik ist Timing", sagt sie über ihren Alltag und klingt eher wie eine erfahrene Managerin. Bis zur Rente werde sie bestimmt nicht im Bundestag sitzen, aber kann sich vorstellen, in der kommenden Legislatur noch einmal zu kandidieren. "Ich würde mich indes auch freuen, wieder in der Wissenschaft zu arbeiten." Nüchtern ihr Ausblick: "Wenn wir die Klimakrise nicht gebacken kriegen, werden viele politische Probleme zweitrangig." Aber sie ist ja immer optimistisch.