Parlamentarisches Profil : Die Zahlenkundige: Antje Tillmann
Sie ist eine Veteranin des Bundestages. Seit 2002 sitzt Antje Tillmann im Hohen Haus. Politisch engagiert ist sie bereits seit der Schulzeit.
Der Name, sagt sie, lese sich schon mal gut: Zukunftsfinanzierungsgesetz. "Aber Gesetze kriegen halt immer toller klingende Titel", sagt Antje Tillmann am Telefon. Es ist 12 Uhr mittags, zwischen zwei Terminen nimmt sie sich Zeit für Gesetzesplanungen der Regierung. "Das Zukunftsfinanzierungsgesetz geht auf eine Menge Themen ein, die wir schon in der vergangenen Legislatur als Fraktion verfolgt haben, aber mit der SPD nicht umsetzen konnten", sagt die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion. "Noch haben wir nicht entschieden, ob wir dem Gesetzesvorhaben zustimmen, aber wir sehen uns als konstruktive Opposition. Wir entscheiden nach Inhalten."
Antje Tillmann ist finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion und sitzt seit 2002 im Bundestag.
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll die Finanzierung am Kapitalmarkt erleichtern, unter anderem soll der Steuerfreibetrag bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung erhöht werden. Tillmann, Abgeordnete aus Erfurt, sieht aber auch Verbesserungsbedarf: "Die Arbeiternehmer-Sparzulage wurde auf dem Weg vom Referentenentwurf zum Gesetzentwurf gestrichen - das wollen wir aber auf den Weg bringen."
Unkollegiales Verhalten: Finanzminister habe Länder das Gesetzt "vor die Füße gekippt"
Tillman, 59, ist eine Veteranin des Bundestages, seit 2002 ist sie Abgeordnete; 2002, 2005 und 2021 über die Landesliste Thüringen, 2009, 2013 und 2017 mit dem Direktmandat im Wahlkreis Erfurt- Weimar-Weimarer Land II. Seit 2005 sitzt sie im Finanzausschuss.
Auch das von der Ampelkoalition geplante "Wachstumschancengesetz", ebenfalls ein wohlklingender Name, sieht sie nicht komplett kritisch. "Der vordere Teil enthält viele Unionsforderungen", sagt sie. Allerdings wirft sie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ein unkollegiales Vorgehen vor. "Er hat den Bundesländern dieses Gesetz vor die Füße gekippt. Wenn die nun sagen, dass sie damit nicht mehr die Schuldenbremse einhalten können, muss man das ernst nehmen." Das Gesetz sieht mitunter vor, Unternehmen über eine Senkung der Gewerbesteuern zu unterstützen - die aber erhebt nicht der Bund. "Klar, auch die Länder und die Kommunen sind in der Pflicht, die Wirtschaft zu stärken. Wer zahlt, sollte aber mitreden können."
Beim Stichwort Schuldenbremse horcht Tillmann auf, war sie doch Verhandlungsführerin der Unionsfraktion, als diese 2009 eingeführt wurde. "Die jetzige Bundesregierung hat nur deshalb diese Spielräume bei den Ausgaben, weil die unionsgeführte Bundesregierung die Schuldenbremse eingehalten hat. Und nun ist es fällig, wieder an die Spielräume der Zukunft zu denken."
Mitgründerin der Schülerunion
Ihr politisches Engagement begann in der Schulzeit, da setzte sie sich gegen die Mittelkürzung für ihre Schule durch die Landesregierung ein, "das hätte zur Folge gehabt, dass Schulkameradinnen hätten Schulgeld zahlen müssen". Am Anfang standen also die Zahlen, ein pragmatischer Politikansatz, der bis heute fortwährt. Tillmann sieht sich auch als Sozialpolitikerin, geprägt von ihrer Mutter, "sie hat sich stets gekümmert und half in der Gesellschaft viel". In einem nicht parteipolitisch gebundenen Elternhaus aufgewachsen ("CDU wählten sie schon"), zählte Tillmann mit 14 zu den Mitgründerinnen der Schülerunion. Sie absolvierte ein Studium der Finanzwissenschaft und wurde 1986 Finanzbeamtin in NRW. Der Plan: Irgendwann das Steuerbüro ihres Vaters zu übernehmen. Aber es kam anders. Tillmann zog Anfang der Neunziger nach Ostdeutschland, "ich konnte beim Aufbau eines Bundeslandes mitwirken". Tillmann erzählt schnell, prägnant, lebhaft. Über jene Zeit spricht sie dann noch ein wenig geschwinder. "Morgens ging man um sieben ins Finanzamt, und um 20 Uhr saßen die Kolleginnen und Kollegen immer noch da. Alle wollten, dass das 'Projekt 'Wiedervereinigung' gelingt. Ich wünsche mir heute diese Anfangsbegeisterung von damals." Dann rief der Bundestag. Mit Zahlen konnte sie schon immer, "ich mag Logik und keine Ideologie - und bei Finanzen bleibt am Ende eins plus eins immer zwei." Also legte sie los, mit der Mitgestaltung der Zahlen auf Bundesebene. Ist sie zufrieden? "Ja - und dankbar. Mir geht es gut. Daraus ziehe ich die Verpflichtung, auch auf die zu achten, denen es nicht so gut geht."