Parlamentarisches Profil : Vor allem Fachpolitiker: René Springer
Der Sprecher der AfD-Fraktion für Arbeit und Soziales über seine politische Heimat und warum er im Verhältnis zu den Fraktionen eine "massive Diskursstörung" sieht.
René Springer hätte es gern normaler. "Als Fachpolitiker werde ich weniger befragt", sagt er, "meist will man von mir wissen, was ich von Björn Höcke halte. Das irritiert mich", sagt der 41-jährige geborene Berliner mit Blick auf Journalistenfragen, die seiner Meinung nach zu wenig auf Inhaltliches zielen. Es ist Montagmittag, die Parlamentswoche hat begonnen, und im Büro des Sprechers der AfD-Fraktion für Arbeit und Soziales locken Schokolade, Kekse und Früchte; eine Kaffeemaschine gurgelt. Höcke, der vom thüringischen Landesverband aus um Einfluss kämpft, scheint weit weg.
Der Sprecher der AfD-Fraktion für Arbeit und Soziales meint, dass wirkliche familienpolitische Maßnahmen für mehr Geburten ausgeblieben sind.
Auch im Verhältnis zu den anderen Fraktionen sieht Springer eine "massive Diskursstörung". Dabei versteht er, der in Greifswald Politikwissenschaft studierte, die Aufgabe von Politik als das Lösen von Problemen. Sachlichkeit, das fällt auf, betont er stärker als andere Fraktionskollegen. Der Lauteste in der AfD ist er nicht, Bluejeans, weißes Hemd und sportliche Hornbrille vermitteln Lässigkeit. Doch die Klage der anderen Bundestagsfraktionen, die die "Diskursstörung" bei der AfD verorten, prallt an ihm ab. "Das stimmt überhaupt nicht, uns wird ja auch die gesellschaftliche Spaltung angelastet."
Ursachenforschung bei familienpolitischen Maßnahmen
Was also schlägt der Fachpolitiker Springer vor, wenn es um die Lösung des Problems der fehlenden Fachkräfte in Deutschland geht? Man müsse nach den Ursachen fragen, beginnt er. "Es wurden nie wirkliche familienpolitische Maßnahmen ergriffen, um für mehr Geburten zu sorgen." Ihm schwebt vor, Mütter bei der Rente finanziell zu stärken, für sie nach der Geburt eines Kindes zum Wiedereinstieg in den Beruf Lohnkostenzuschüsse zu zahlen. "Und die Digitalisierung in den Unternehmen muss gefördert werden", sagt er. Bislang würden viele Unternehmen eher auf die Zuwanderung von billigen Arbeitskräften aus dem Ausland setzen, um die Produktivität zu steigern.
Springer klingt zuweilen wie ein Linker. Nicht alles dürfe sich an Marktinteressen orientieren, der Neoliberalismus sei eine Geißel. Doch rasch dominiert bei ihm dann doch die "nationale" Dimension. "Wir setzen auf Technisierung statt auf massenhafte Zuwanderung", sagt er, als würde sich beides ausschließen. Dass die Erwerbsbeteiligung von Geflüchteten, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, bei 31,8 Prozent liegt, sei für ihn "nicht viel".
Erste Schritte in die Politik in der SPD unter Schröder
Nachsichtig ist er, wenn es um die Geschichte der sozialen Profilierung der AfD geht. "Es ist nicht verwerflich, lange für ein Rentenkonzept zu brauchen." Man habe anfangs andere Schwerpunkte gesetzt, etwa die Sorge um die Währungsstabilität. "Jede Partei entwickelt sich weiter."
Springer engagierte sich in den Nullerjahren zunächst in der SPD. Nach seinem Realabschluss arbeitete er von 1997 bis 2009 als Zeitsoldat in der Marine, wurde Elektroniker, dann Meister im Fach Elektrotechnik und unterrichtete an einer Berufsschule der Marine. Für die Sozialdemokraten entschied er sich, weil er Gerhard Schröder für einen "markigen Typen" hielt, Sozialpolitik wichtig fand und die am ehesten bei der SPD verankert sah - und weil im Freundeskreis einige in der SPD waren. Was entfremdete ihn dann wieder?
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Das Problem ist seit Jahren bekannt, die Gründe benannt: In vielen Branchen fehlen immer mehr qualifizierte Arbeitskräfte. Helfen sollen Zuwanderer und Rentner.
Deutschlands Schulen fehlen Lehrkräfte. Es ist ein bekanntes Problem, das sich zu verschärfen droht.
"Den Ausschlag gab, dass nach der Kommunalwahl in Greifswald die Abgeordneten das Gegenteil dessen machten, was im Programm beschlossen worden war", erläutert er. "Da fühlte ich mich veräppelt." Springer wurde Nichtwähler, bis er dem damaligen Landesparteichef Alexander Gauland über den Weg lief und sein persönlicher Referent wurde. Dann ging es immer weiter: Eintritt in die AfD 2015, dann Fraktionsgeschäftsführung in Potsdam, schließlich 2017 Einzug in den Bundestag. "Ich habe es nie bereut, auch wenn diese verantwortungsvolle Aufgabe des Mandats emotional hochgradig belastet", sagt er. Was er damit meint? "Dass man plötzlich im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht." Abzuschrecken scheint es ihn jedoch auch nicht. Springer kandidiert für den Landesvorsitz der Partei in Brandenburg.