Wärmewende : Antworten unter Vorbehalt
Der Entwurf zum Heizungsgesetz ist im parlamentarischen Verfahren. Dabei will die Koalition noch wesentliche Änderungen vorlegen. Bisher gibt es nur Leitplanken.
Selten wohl fand eine Expertenanhörung unter solchen Bedingungen statt. Am vergangenen Mittwoch beugten 13 Sachverständige und die Mitglieder des Ausschusses für Klimaschutz und Energie ihre Köpfe über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, von dem die regierungstragenden Fraktionen bereits festgestellt hatten, dass er so nicht bleiben könne. Zugleich berieten sie die zwei DIN-A4-Seiten umfassenden "Leitplanken zur weiteren Beratung" des Entwurfs, die zwar die ungefähre Richtung möglicher Änderungen angeben, aber nicht konkret werden.
Dabei geht es um nicht weniger als eines der wichtigsten Vorhaben der Ampelkoalition: den Gesetzentwurf "zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung". Mit diesem Heizungsgesetz will die Bundesregierung die Energiewende im Wärmebereich einleiten, an deren Ende die Treibhausgasneutralität in Deutschland im Jahr 2045 stehen soll.
Energieminister Robert Habeck und Bauministerin Klara Geywitz standen im Bundestag Rede und Antwort zum Heizungsgesetz und dem Wärmeplanungsgesetz.
So wie den Abgeordneten und Sachverständigen in der Anhörung ging es den für den Gesetzentwurf Verantwortlichen - Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) - in der Regierungsbefragung: Ihre Antworten waren Antworten unter Vorbehalt. Man konnte und wollte den parlamentarischen Beratungen nicht vorgreifen.
Geywitz und Habeck stehen Rede und Antwort
Gefragt beispielsweise, was es für kleine Kommunen bedeute, dass das GEG erst greife, wenn eine Wärmeplanung vorliege, kleine Kommunen aber keine Wärmeplanung vorlegen müssen, erklärte Geywitz: "Jetzt gab es aus dem Parlament den Wunsch: Es soll möglichst eine Wärmeplanung für alle Kommunen bis 2028 geben. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf noch mal anpassen." Gefragt nach dem Förderprogramm für den Heizungsaustausch sagte Habeck, es gehöre aus seiner Sicht zu den parlamentarischen Möglichkeiten, auch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mitzugestalten. Und gefragt nach der in den "Leitplanken" genannten "weiteren Modernisierungsumlage" sagte Habeck: Beim GEG habe man aufgepasst, dass keine exorbitanten Kosten auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden. "Wie sich jetzt die Beratungen im parlamentarischen Raum zur Veränderung des GEG entwickeln werden, kann ich hier nicht kommentieren."
Als ähnlich vorläufig wollten die Sachverständigen in der Anhörung ihre Einlassungen verstanden wissen. Der Ausschuss hat denn auch bereits eine zweite Anhörung beschlossen, Datum noch unbekannt, weil die Abgeordneten warten wollen, bis ein geänderter Entwurf vorliegt.
Expertenkritik in Anhörung
Die dringendste und fundamentalste Änderung am vorliegenden müsse es sein, wie Kerstin Andreae vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in der Anhörung ausführte, dass zuerst die Infrastrukturen vor Ort angeschaut würden "Damit ein Hauseigentümer eine fundierte Entscheidung treffen kann über die Frage, was ist die richtige Heiztechnologie im Haus, ,muss klar sein, welche Infrastruktur anliegt, und wie ist sie ertüchtigt", sagte Andreae.
Sandra Rostek vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sieht den größten Nachbesserungsbedarf bei den "noch unklaren Regelungen für eine Umstellung von Gasnetzen auf grüne Gase oder grünen Wasserstoff". Der werde aufgrund seiner begrenzten Verfügbarkeit, hoher Kosten und der Nutzungskonkurrenz durch andere Sektoren wie die Industrie keine breite Anwendung finden, meint Rostek. Hinzu komme, dass heute verfügbare Gaskessel technisch nur eine Beimischung von 20 Volumenprozent Wasserstoff zuließen.
Helmut Waniczek, promovierter Chemiker. stellte sich die Frage, wie Deutschland in zehn, fünfzehn Jahren aussehe, wenn das GEG umgesetzt würde. Beim Blick in andere Länder, zeige sich: Die Wende sei nicht kostengünstig. Und bedeute für Mehrfamilienhäuser, die mit Wärmepumpen bestückt würden, kalte Wände und teils sogar Schimmel.
Mehr als die Hälfte aller Deutschen wohne zur Miete, sagte Sebastian Bartels, vom Berliner Mieterverein. Die Koalition sei daher dafür verantwortlich, den Schutz vor unabsehbaren Mieterhöhungen in den Vordergrund zu rücken - und Kernelemente eines sozialen Mieterhöhungsschutzes im GEG zu verankern. Andernfalls griffen die Regelungen der Modernisierungsmieterhöhung im BGB "mit ihren erheblichen finanziellen Belastungen auf die Mieterschaft."
Für Helmut Bramann vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima hat die Debatte der vergangenen Monate gezeigt, dass Wärme ein Grundbedürfnis ist, "das sich alle Menschen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation auch unter den Ansprüchen des Klimaschutzes leisten können müssen". Das Gebot der Stunde sei aus seiner Sicht, die gesetzlichen Regelungen im Kontext der Wärmewende so zu gestalten, "dass die Menschen das Vertrauen in die Maßnahmen erlangen". Dafür gelte es den technologischen Lösungsraum offen zu gestalten.
Beratung stärken
Mehr als eine Million Heizungen müssten jährlich ausgetauscht werden, weil sie zu alt sind, sagte Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Das GEG müsse"eine klare Orientierung hinsichtlich der tatsächlich verfügbaren und bezahlbaren Optionen zur Erfüllung der 65-Prozent-Erneuerbare-Vorgabe geben", forderte Engelke. Fossile Lock-Ins und Kostenfallen müssten verhindert und unabhängige Energieberatungen weiter gestärkt werden.