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Ampel leitet Wärmewende ein : Dieser Weg wird kein leichter

Was im Entwurf des Heizungsgesetzes steht - und warum er so umstritten ist.

30.05.2023
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6 Min

Deutschland hat sich verpflichtet, um die Erderwärmung nicht weiter zu befeuern, bis 2045 klimaneutral zu werden. Beim Erreichen dieses Ziels könnte die Energiewende im Wärmebereich einen großen Unterschied machen. Denn mehr als ein Drittel des gesamten Energiebedarfs in Deutschland wird zum Heizen und für Warmwasser verbraucht. Noch immer werden über 80 Prozent der Wärmenachfrage durch die Verbrennung von Öl und Gas gedeckt - bis zu Putins Angriff auf die Ukraine vor allem mit Erdgas aus Russland. In Summe geht es im Gebäudebereich um mehr als 100 Millionen Tonnen CO2-Emissionen, die jährlich vermieden werden könnten.

Foto: picture-alliance/Flashpic/Jens Krick

Der Widerstand gegen die Heizungstauschpläne von Klimaschutz- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) ist groß. Selbst in der eigenen Regierungskoalition gibt es Vorbehalte.

Mit Ausnahme der AfD sind alle im Bundestag vertretenen Parteien für einen Umstieg auf erneuerbare Energien im Wärmebereich. Dennoch ist der Regierungsentwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) von Klimaschutz-Minister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) umstritten. Habeck hätte das Gesetz zwar lieber früher als später und jedenfalls vor der Sommerpause verabschiedet. Die SPD sieht aber noch Änderungsbedarf bei sozialen Fragen. Und die FDP fordert unterdessen wegen inhaltlicher Bedenken ein ganz neues Heizungsgesetz.

Das Projekt betrifft jeden

Das Vorhaben ist ein Großprojekt der Ampelkoalition, für Habeck vielleicht sogar das größte überhaupt. Es betrifft jeden. Es bringt tiefe Eingriffe in das Leben aller 40 Millionen Haushalte in diesem Land mit sich. Und es ist teuer. FDP-Schätzungen zufolge könnten sich die Kosten des Heizungstauschs - weg von Kohle, Gas und Öl, hin zu erneuerbaren Energien - auf bis zu 2.500 Milliarden Euro belaufen. Die energetische Sanierung eines Hauses inklusive Einbau einer Wärmepumpe, Fußbodenheizung, Fassadendämmung, Fenstertausch und Anbringung einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach kann rasch einen sechsstelligen Betrag kosten.


„Das Gesetz überfordert die Menschen wirtschaftlich und finanziell.“
Bijan Djir-Sarai (FDP)

Auf der andern Seite könnte es auf lange Sicht Einsparungen geben, die noch über solchen Summen liegen, weil Strom aus Wind und Sonne günstiger sind als fossile Energien - und die Preise künftig weiter sinken, so die Erwartung.

Das Ziel: Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen

Zum Gewinn des Vorhabens gehörte im besten Fall neben einer klimafreundlicheren Wärmeproduktion auch die Unabhängigkeit von - endlichen - fossilen Brennstoffen. Der beste Fall aber, zu dieser Überzeugung ist die FDP unterdessen gekommen, werde mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht eintreten. "Wir sind weiterhin der Auffassung, dass dieses Gesetz enorme Defizite hat", ließ FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dieser Tage verlauten. Das Gesetz verunsichere die Menschen und überfordere sie wirtschaftlich und finanziell, gebe keine Planungssicherheit und fokussiere in einem Maß auf Wärmepumpen als Ersatz für die bisherigen Heizungen, das man für falsch halte.

Der Eindruck größerer Verunsicherung ist augenscheinlich durchaus ein allgemeiner, der Informationsbedarf offenbar riesig, die Kommunikation anscheinend unzureichend. Was also sieht der Gesetzentwurf eigentlich vor?

Heizungstausch ohne Zwang

Mit dem vorliegenden, gemeinsam vom Wirtschafts- und dem Bauministerium erarbeiteten Entwurf will die Bundesregierung den Einbau klimafreundlicher Heizungen fördern. Vorgesehen ist die Einführung einer Pflicht zur Nutzung von mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien ab 2024 bei möglichst jedem Einbau einer neuen Heizung.

Hier lauert ein erstes Missverständnis in der Diskussion, die - unter den Stichworten "Heizungsverbot" und "Tauschzwang" - zuweilen den Eindruck erweckt, als müssten mit Beginn des nächsten Jahres Millionen Haushalte in Deutschland neue Heizungsanlagen einführen. Richtig ist: Die Pflicht gilt bei Neubauten - und bei bestehenden Gebäuden dann, wenn eine Öl- oder Gasheizung irreparabel kaputt ist: Dann darf sie nicht mehr durch eine Öl- oder Gasheizung ersetzt werden. Bestehende Heizungen aber dürfen weiter betrieben und auch repariert werden, so oft es ein Eigentümer für sinnvoll hält. Erst ab 2045 sollen gar keine fossil betriebenen Heizungen mehr in Betrieb sein.

Heizung plus Dachdämmung können teuer werden.   Foto: picture alliance/photothek/Thomas Imo

Weiterhin gelte, wie die Zuständigen, Minister Habeck und Ministerin Geywitz, wiederholt betonten: Jeder könne eine Ausnahme beantragen, wenn der Heizungstausch nicht zumutbar erscheine. Der Gesetzentwurf sieht dafür entsprechende Härtefall-Regelungen vor: "Bei Vorliegen einer sogenannten unbilligen Härte können im Einzelfall auf Antrag bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde Ausnahmen von der Pflichterfüllung zugelassen werden, wie es grundsätzlich bei allen GEG-Vorgaben gilt." Im Einzelfall könnten Betroffene auch schauen, ob sie einen Anspruch auf BEG-Fördermittel haben (siehe Beitrag unten). Wenn es sich zum Beispiel für einen Rentner in einem sehr alten, baufälligen Haus auch unter Berücksichtigung von BEG-Fördermitteln nicht rechnet, eine Wärmepumpe einzubauen, so ist er vom GEG ausgenommen.

Ausnahmen und Übergangsfristen

Neben diesen Ausnahmen gibt es Übergangsfristen. Sie betreffen insbesondere sogenannte "Heizungshavarien", bei denen die Heizung weder weiterbetrieben noch repariert werden kann. In diesen Fällen darf man einmalig eine - auch gebrauchte - Gas- oder Ölheizung einbauen, wenn man dann innerhalb von drei Jahren planmäßig auf eine Heizung umstellt, die die 65-Pozent-Erneuerbare-Energien-Vorgabe erfüllt. Wer über 80 Jahre alt ist und in einem Gebäude mit nicht mehr als sechs Wohneinheiten lebt, darf im Havariefall auch noch mal eine fossil betriebene Heizung einbauen.

Eine weitere Ausnahme ergibt sich aus der Option, dass man sein Haus zukünftig an ein Wärmenetz anschließen könnte. Im Wortlaut heißt es im GEG-Entwurf: Soweit ein Anschluss an ein Wärmenetz absehbar, aber noch nicht möglich sei, bestehe nach einem Heizungs-Ausfall die Möglichkeit, eine Heizung zu nutzen, die die 65-Prozent-EE-Vorgabe nicht erfüllt, wenn der Eigentümer sich verpflichtet, sich innerhalb von zehn Jahren an das Wärmenetz anschließen zu lassen.


„Technologieoffenheit steht drauf, aber es ist Einseitigkeit drin.“
Andreas Jung (CDU)

Ein Streitthema ist auch die Frage nach der Technologieoffenheit. Zwar heißt es im Entwurf, der Gebäudeeigentümer könne "frei wählen" zwischen zum Beispiel einem Anschluss an ein Wärmenetz, dem Einbau einer Stromdirektheizung, einer Wärmepumpen-Hybridheizung oder auch einer Heizungsanlage auf Basis von grünem oder blauem Wasserstoff. Die Kritik aber entzündet sich daran, dass Wärmepumpen und Solarthermie laut Gesetzentwurf eine "entscheidende" Rolle zukomme.

Union: Wahlfreiheit wird zur Farce

Für die Union stellte der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Andreas Jung (CDU), fest: Beim Ampel-Entwurf stehe Technologieoffenheit drauf, "aber es ist Einseitigkeit drin". Wasserstoff bleibe wegen hoher Hürden für die Nutzung ein Papiertiger, Biomasse werde im Neubau ausgeschlossen, selbst für Wärmenetze würden hohe Hürden aufgebaut. Die Wahlfreiheit werde so zur Farce, sagte Jung.

Sorgen bereitet dabei vielen auch die Frage, ob Hersteller und Lieferanten überhaupt dem Bedarf werden nachkommen können. Und starke Zweifel kommen auf bei der Frage, ob ,es ausreichend Fachkräfte gibt, um die Zielmarke von 500.000 eingebauten Wärmepumpen im Jahr zu erreichen.

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Melanie Weber-Moritz vom Deutschen Mieterbund sagt, Heizkosten würden für viele Haushalte zur "zweiten Miete". Der Anteil von energiearmutsgefährdeten Haushalten steige. Die Wahl des Gebäudeeigentümers über den Einbau einer neuen Heizungsanlage kann in der Tat mit sehr hohen Kosten für den Betrieb der Anlage verbunden sein. Deshalb, so sieht es der Gesetzentwurf vor, "werden Mieter vor einer Belastung mit den Mehrkosten geschützt, indem der Vermieter Brennstoffkosten nicht auf seine Mieter umlegen kann, "die den Betrag übersteigen, der zur Erzeugung derselben Menge an Heizwärme mit einer hinreichend effizienten Wärmepumpe anfiele".

FDP: Nichts zu tun ist keine Alternative

Bei aller Kritik stellte Lukas Köhler (FDP) im Bundestag doch auch für seine Fraktion klar: "Wir brauchen die Wärmewende." Und: "Wir werden ein gutes Gesetz verabschieden". Nichts zu tun ist offenbar keine gute Alternative. Im Gesetzentwurf heißt es dazu: "Ein Beibehalten der derzeitigen fossil dominierten Versorgungsstrukturen würde aufgrund der Knappheit auf den Märkten für fossile Energieträger und deren Ballung in geopolitischen Konfliktregionen immer wieder zu kaum kalkulierbaren Preissprüngen und damit zu erheblichen sozialen Verwerfungen führen, die nur begrenzt und temporär durch staatliche Hilfsmaßnahmen abgefedert werden können." Eine auf Erneuerbaren basierende Wärmeversorgung werde, so heißt es, mittelfristig kalkulierbarer und kostengünstiger sein.