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Reaktion auf Energiekrise : Hilfspakete wegen zu hoher Energiepreise

Die Preise kennen derzeit nur eine Richtung: nach oben. Mit der Abschaffung der EEG-Umlage und weiteren Maßnahmen will die Bundesregierung die Bürger entlasten.

21.03.2022
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4 Min

Die Strompreise steigen, die Heizkosten steigen, die Spritpreise steigen. Unternehmen und Verbraucher ächzen unter der Belastung, vor allem jene Haushalte mit geringerem Einkommen. Entlastung tut Not. Das weiß auch die Politik. Der Blick zum Nachbarn Frankreich, wo der Ärger über höhere Spritpreise sich zur landesweiten Protestbewegung der "Gelbwesten" gegen das Unterfangen einer Energiewende wandelte, ist der Bundesregierung Mahnung genug.

Foto: picture-alliance/CHROMORANGE/Matthias Stolt

Schon zum 1. Juli soll die EEG-Umlage nicht mehr vom Stromverbraucher gezahlt werden.

Die Ampelkoalition arbeitet an weiteren Hilfspaketen. Unter anderem soll es bei Wärme, Strom und Mobilität Erleichterungen geben. "Gerade die hohen Heizkosten erdrücken zahlreiche Familien", sagte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Sein Haus schätzt, dass die Gasrechnung für eine Durchschnittsfamilie in einem unsanierten Ein-Familien-Haus im laufenden Jahr um etwa 2.000 Euro steigt. Am Donnerstag beschloss deshalb der Bundestag, Wohngeldempfängern, Studierenden und Auszubildenden einen deutlich höheren Heizkostenzuschuss zukommen zu lassen als bisher geplant: Der Betrag soll auf 270 Euro verdoppelt werden.

Die EEG-Umlage soll vorzeitig abgeschafft werden 

Zudem setzt Habeck auf Energieeffizienz und Einsparungen - etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen. Drittens hält er marktwirtschaftliche Impulse für nötig, damit gelte: "je effizienter, desto geringer die Kosten". Der nächste Schritt soll die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli sein. Danach sollen die Stromkunden kein Geld mehr auf das EEG-Konto einzahlen, das übernimmt dann der Staat.

Für die Grünen ist das, wie Katrin Uhlig am Donnerstag in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs sagte, ein erster Schritt. Weitere würden folgen "auch für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren und damit für eine kostengünstigere, klimafreundliche und souveräne Energieversorgung."


Andreas Mehltretter (SPD)
Foto: Andreas Mehltretter
„Notwendige Soforthilfen sind also auf dem Weg.“
Andreas Mehltretter (SPD)

Die Union unterstützt das Vorhaben. Gemeinsames Ziel müsse es sein, die preisdämpfende Wirkung der Umlagesenkung zugunsten des Endverbrauchers zu gewährleisteten. "Somit ist der Weg, den Sie mit Ihrem Gesetzentwurf einschlagen, durchaus unterstützenswert, sagte Maria-Lena Weiss (CDU). Andreas Mehltretter (SPD) bezifferte die Entlastung durch die Abschaffung der Umlage auf 6,6 Milliarden Euro in diesem Jahr. "Notwendige Soforthilfen sind also auf dem Weg", sagte er.

AfD macht die Energiepolitik für die Preise verantwortlich

Kritik kam aus der AfD. Marc Bernhard machte die "weltdümmste Energiepolitik" für die Preissteigerungen verantwortlich: "Der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle und Kernenergie hat zur völligen Abhängigkeit von russischen Energielieferungen geführt, die die Menschen jetzt teuer bezahlen".

Der FDP-Abgeordnete Olaf in der Beek hob hervor, die Absenkung helfe nicht nur den Menschen, sondern auch dem Mittelstand und der Industrie. "Gerade auch die energieintensive Industrie braucht diese Absenkung."

Die Linke verweist auf die Gewinne der Konzerne

Klaus Ernst (Die Linke) richtete den Fokus auf einen anderen Aspekt: Beim Benzin sei es momentan so, dass der Rohölpreis sinke, der Preis an den Tankstellen aber nicht, "weil natürlich auch die Konzerne da derzeit absahnen". Wenn man heute tanke, habe man den Eindruck, man hätte eine Beteiligung bei Aral oder Shell erworben. "Vielleicht müssten Sie mal darüber nachdenken, wie Sie da abschöpfen können, sagte Ernst in Richtung Bundesregierung.


Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)
Foto: Christian Lindner
„Der Staat darf die Bürger mit den steigenden Preisen nicht alleinlassen.“
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte vergangene Woche stattdessen einen "Krisenrabatt Kraftstoffe" ins Gespräch gebracht: "Der Staat darf die Bürger mit den steigenden Preisen nicht alleinlassen", sagte Lindner. Der Liter Superbenzin kostete laut ADAC zuletzt im Schnitt 2,20 Euro, der Liter Diesel sogar 2,30 Euro. Nach Lindners Vorstellung könnte jedem Autofahrer beim Bezahlen an der Tankstelle ein Nachlass auf den Rechnungsbetrag gewährt werden.

Minister Habeck: Energiesparen muss sich lohnen

Kritik gibt es an der Verteilungs- und Anreizwirkung einer solchen Maßnahme: Sehr teuer - nicht zielgenau: Kabinettskollege Habeck nannte die offenbar unabgestimmte Idee verbesserungsbedürftig. Ein Rabatt mindere den Anreiz, auf Benzin und Diesel zu verzichten. Es müssten auch marktwirtschaftliche Elemente und Anreize für Effizienteres enthalten sein: Energiesparen müsse sich lohnen, sagte Habeck.

Kritik kam auch von Ökonomen. Der Spritpreisdeckel entlaste nicht nur Bedürftige, sondern auch Wohlhabende, nicht nur Pendler, sondern auch Ausflügler, und selbst wenn der Verbrauch etwas sinke, koste ein Rabatt von 20 Cent je Liter den Staat insgesamt 10 bis 13 Milliarden Euro. Berufspendler könnten wohl eher über die Pendlerpauschale entlastet werden. Die würde aber erst bei der nächsten Steuererklärung - also in einem Jahr - greifen, und hilft daher nicht akut.

Auch Wirtschaftsverbände fordern Entlastungen

Die Union hält unterdessen an ihrem Vorschlag fest, die hohen Energiepreise über eine Senkung der Mehrwert- und der Mineralölsteuer abzufedern. Beim Tanken könnten die Tarife auf diese Weise um mindestens 40 Cent je Liter fallen.

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Immer lauter fordern auch Wirtschaftsverbände Entlastungen für Unternehmen. In dem Zusammenhang weist das Wirtschaftsministerium auf die Möglichkeit für Unternehmen mit Liquiditätsengpässen hin, Kredite der Staatsbank KfW zu beantragen. An speziellen Kreditprogrammen für die von Russland-Sanktionen betroffenen Betriebe als auch für die Energiebranche werde gearbeitet, heißt es aus dem Hause Habeck.