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Union bringt Antrag ein : Untersuchungsausschuss soll Umstände des Atomausstiegs klären

Nachdem der Regierung in Medien vorgeworfen wurde, einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke hintertrieben zu haben, verlangt die Union einen Untersuchungsausschuss.

14.06.2024
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4 Min
Foto: picture-alliance/Klemmer

Das war das Atom-Ende: Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) schaltet im April 2023 symbolisch das AKW Emsland ab.

Eigentlich schien das Kapitel Atomenergie in Deutschland abgeschlossen zu sein. Das änderte sich schlagartig am 25. April 2024, als das Magazin "Cicero" mit einer Story unter der Überschrift "Wie die Grünen beim Atomausstieg getäuscht haben" aufwartete. Ein Journalist des Magazins hatte vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von Minister Robert Habeck (Grüne) auf Herausgabe von Akten über die Umstände des Atomausstiegs geklagt. Der Journalist gewann das Verfahren und löste mit seiner Story über die Ministeriums-Vermerke ein politisches Beben in Berlin aus.

Union kritisiert "grüne Parteipolitik"

Für den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt steht inzwischen fest, dass die Bundesregierung "in einer entscheidenden Frage unserer nationalen Energiesicherheit nicht zum Wohle Deutschlands, sondern ausschließlich nach der Logik grüner Parteipolitik entscheiden hat". In einem Brief der beiden Politiker an die Mitglieder der Unionsfraktion heißt es weiter: "Fachliche Erwägungen aus der Arbeitsebene des Ministeriums wurden von den führenden politischen Beamten bewusst ignoriert und teilweise verfälscht. Offenkundig gibt es ein grünes System, dass Parteiideologie über die Interessen des Landes stellt." Geklärt werden müsse jetzt, inwieweit die trotz des Ukraine-Krieges und des Energiepreisanstiegs erfolgte Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke "in Kenntnis oder Unkenntnis oder auf Weisung oder Billigung der Führung des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums stattgefunden hat".

Untersuchungszeitraum soll am 24. Februar 2022 beginnen

Die Klärung soll ein Untersuchungsausschuss des Bundestages übernehmen, den die CDU/CSU beantragt hat. Der Antrag wurde am Freitag vom Bundestag an den Geschäftsordnungsausschuss überwiesen. Der Untersuchungszeitraum soll am 24. Februar 2022 (Beginn des Ukraine-Krieges) beginnen und mit dem Beschluss des Bundestages über die Einsetzung des Ausschusses enden.

Wie die CDU/CSU-Fraktion schreibt, sollten die drei letzten in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland zum 31. Dezember 2022 den Leistungsbetrieb beenden. Wirtschaftsminister Habeck habe am 27. Februar 2022 eine ergebnisoffene Prüfung zu einem möglichen Weiterbetrieb zugesagt und am 1. März 2022 eine Prüfung angekündigt, bei der es "keine Tabus" geben werde. Verwiesen wird von der Unionsfraktion auf einen Vermerk der Fachebene des Bundesumweltministeriums (BMUV) vom 1. März 2022, in dem aufgezeigt werde, unter welchen Voraussetzungen ein kurzzeitiger oder ein langzeitiger Weiterbetrieb möglich und mit der nuklearen Sicherheit verträglich wäre.

Was macht ein Untersuchungsausschuss?

📊 Auf Antrag von mindestens einem Viertel der Abgeordneten muss der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Die Unionsfraktion erreicht dieses Quorum allein.

🔎 Der Auftrag eines Untersuchungsausschusses ist es, mögliche Missstände in Regierung und Verwaltung und mögliches Fehlverhalten von Politikern zu prüfen.

📜 Zum Abschluss seiner Arbeit erstellt der Ausschuss einen Bericht, der im Bundestag debattiert wird.



In einem Vermerk vom 3. März 2022 sei der Leiter der Abteilung Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz im BMUV jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen und habe eine Laufzeitverlängerung als sicherheitstechnisch nicht vertretbar bezeichnet. In einem gemeinsamen "Prüfvermerk" von Wirtschafts- und Umweltministerium vom 7. März 2022 sei der Weiterbetrieb aus Gründen der nuklearen Sicherheit abgelehnt worden. Schließlich habe Bundeskanzler Olaf Scholz Mitte Oktober 2022 per Richtlinienkompetenz den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke bis zum 15. April 2023 durchgesetzt. Verwiesen wird auf eine Äußerung von Habeck vom 26.April 2024 vor Abgeordneten, er habe den Vermerk vom 3. März 2022 erstmalig am 25. April 2024 gesehen.


„Unsere Anträge halten sich an Recht und Gesetz. Tun Sie es auch.“
Patrick Schnieder (CDU)

In der Debatte sagte Patrick Schnieder (CDU), bis heute gebe es keine zufriedenstellenden Antworten auf die gestellten Fragen. Deshalb müsse die Union "mit dem schärfsten Schwert der Opposition" und mit den Mitteln der Strafprozessordnung in einem Untersuchungsausschuss Aufklärung betreiben. "Unsere Anträge halten sich an Recht und Gesetz. Tun Sie es auch", appellierte Schnieder vor dem Hintergrund, dass die Koalition die Einsetzung des CumEx-Untersuchungsausschusses abgelehnt hatte, obwohl die Union das notwendige Quorum erreicht hatte.

Nina Scheer (SPD) sagte, es sei wichtig, dass das scharfe Schwert dort eingesetzt werde, wo Missstände zu vermuten seien. Hier hatte Scheer aber in der Sache Zweifel, ob die Union ihren Antrag gut begründet habe. Sie wies darauf hin, dass die Atomkraftwerke mit den vorhandenen Brennelementen nur noch für begrenzte Zeit nutzbar gewesen wären und dass keine rechtzeitige Beschaffung von neuen Brennelementen möglich gewesen wäre. Eine Weiternutzung wäre überhaupt nicht möglich gewesen.

Grüne reagieren mit Spott auf die Vorwürfe

Rainer Kraft (AfD) erklärte, die Koalition habe mit der Atomkraft einen der größten energiepolitischen Schätze Deutschlands vernichtet, weil sie ihn habe vernichten wollen. Irene Mihalic (Grüne) reagierte mit Spott auf die Vorwürfe. Die in der Presse dargestellten Vorgänge hätten ergeben, dass die Grünen für den Atomausstieg seien. Aber "Atomkraft nein danke" sei Teil der grünen DNA. Wer sich den Antrag der Union ansehe, müsse feststellen: "Die Suppe ist reichlich dünn. Der Antrag beziehe sich nur auf einen Zeitungsartikel."

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Stephan Thomae (FDP) warnte vor Vorverurteilungen. Die Koalition werde dem Untersuchungsausschuss zustimmen, wenn die inhaltlichen und formellen Voraussetzungen gegeben seien. Das werde jetzt im Geschäftsordnungsausschuss untersucht.

Dem Ausschuss sollen 14 Mitglieder angehören. SPD und die Union würden je vier Mitglieder stellen, Grüne und FDP je zwei Mitglieder. AfD und Linke hätten je ein Mitglied.