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Kampf gegen Geldwäsche und Terrofinanzierung : Ampel ringt um Gesetz, Union fordert eine Zollpolizei

Die Verabschiedung des Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes verzögert sich. Die Union schlägt einen anderen Ansatz im Kampf gegen Geldwäsche und Co. vor.

04.07.2024
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4 Min
Foto: picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Räumung einer Villa in Berlin-Neukölln: Ein „follow-the-money“-Ansatz soll künftig auch zu mehr Ermittlungserfolgen im Kampf gegen Clankriminalität führen.

Es gibt Ranglisten, die will man nicht anführen. Dazu gehört das globale Ranking des Basel AML Index. Länder, die hier ganz oben stehen, gelten als besonders anfällig für Finanzkriminalität und weisen ein hohes Risiko für Geldwäsche und Terrorfinanzierung auf. Trauriger Spitzenreiter des jüngsten 2023er Rankings ist Haiti. Die gute Nachricht: Deutschland ist von Zuständen wie in dem Karibik-Land weit entfernt und steht auf Rang 120 der 152 gelisteten Staaten. Die schlechte Nachricht: In der Europäischen Union weist Deutschland ein vergleichsweise hohes Risiko auf, dass es hierzulande zu Geldwäsche oder Terrorfinanzierung kommt. Nur Ungarn, Rumänien, Zypern, Kroatien, Italien und Polen liegen in dem Ranking vor der Bundesrepublik. Die Slowakei, die Niederlande und Belgien folgen Deutschland. Das geringste Risiko weisen Estland, Finnland und Island auf.

Streit in der Ampel verzögert Abstimmung über Gesetz

Das heißt: Deutschland hat ein Problem mit Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Die Ampel-Koalition will das Thema angehen. Doch wegen Streits innerhalb der Koalition kommt ein im Ausschuss bereits beschlossener Gesetzentwurf für einen neuen Ansatz im Kampf gegen Geldwäsche nicht voran. Die Opposition hält den Kurs der Regierung ohnehin für falsch.

Bereits im Finanzausschuss beschlossen ist seit Ende Juni das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz. Zentrales Element: Zum 1. Juni 2025 soll an den Standorten Köln und Dresden ein neues Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) entstehen. Die Ermittlungen sollen bereits bei verdächtigen Finanzströmen ansetzen. Das Konzept wird "follow the money" genannt. Wer dem Geld folgt, trifft irgendwann auf die professionellen Hintermänner und Netzwerke, die Straftaten begehen und organisieren, so die Idee. Doch der Gesetzentwurf hat vor der Sommerpause nicht mehr den Weg ins Plenum des Bundestags gefunden.

FDP-Staatssekretär warnt vor "Rückschlag" bei der Verbrechensbekämpfung

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium (BMF) Florian Toncar (FDP) warnte folglich laut der Nachrichtenagentur dpa vor einem "Rückschlag für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität der Mafia, der verschiedenen Oligarchen oder Clans, die ihre kriminellen Erträge auch aus Deutschland heraus verschieben".

Laut Nachrichtenagentur Reuters wirft die FDP den Grünen vor, das Gesetz zu verzögern, um eine bessere Verhandlungsposition im Ringen um die Kindergrundsicherung zu erhalten, die bei der FDP mit Blick auf hohe Kosten für den Bundeshaushalt sowie bürokratischen Aufwand auf Skepsis stößt. Das weisen die Grünen zurück.

Kampf gegen Geldwäsche

🔎 Als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen und Teil des Zolls analysiert die Financial Intelligence Unit (FIU) derzeit Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz.

❗️❗️ Künftig soll die FIU nach den Plänen der Koalition in das neue Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) integriert werden.

🕵️‍♀️ Im BBF soll es des Weiteren ein Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) geben. Das EZG soll als Einheit für strafrechtliche Ermittlungen in bedeutsamen Fällen dienen.



Vielmehr sei ein weiteres Gesetz nötig, machte deren Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann deutlich, das die Verschleierung von Vermögen adressiere. Hierfür findet sich auf der BMF-Internetseite bereits ein Referentenentwurf. Nur mit diesem weiteren Gesetz zusammen ergebe das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz Sinn. "Dann haben wir die Behörde und dann haben wir die Befugnisse zur Bekämpfung von Vermögensverschleierung", erklärte Haßelmann laut tagesschau.de.

Union setzt auf Zollpolizei

Ganz andere Vorstellungen hat die Unionsfraktion. Dazu hat sie einen Antrag eingebracht, der am Freitagnachmittag auf der Tagesordnung des Bundestags steht. Darin fordert sie, die bisher über Polizei- und Zollbehörden verstreuten polizeilichen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste im Bereich der Finanzkriminalität, des Schmuggels und der Sanktionsdurchsetzung zu einer geschlossenen und schlagkräftigen Zollpolizei im Geschäftsbereich des BMF zu bündeln.

Diese Zollpolizei solle "zum Aufspüren von verdächtigen Vermögensgegenständen und Vermögensgegenständen ungeklärter Herkunft" ermächtigt werden. Auch die Kompetenz für administrative Vermögensermittlungsverfahren in solchen Fällen solle die Zollpolizei erhalten, selbst wenn die Schwelle eines strafrechtlichen Anfangsverdachts noch nicht erreicht sei.

Ermittelt werden soll, wenn der fragliche Vermögenswert mehr als 50.000 Euro umfasst. Bei verdächtigen Edelmetallen, Edelsteinen, Krypto-Werten, Schmuck, Uhren, Bargeld, Kunstgegenständen oder Antiquitäten soll die Schwelle 10.000 Euro betragen.

Experten sind sich uneins

Bereits im Januar hatte der Finanzausschuss eine öffentliche Anhörung zu den Konzepten der Ampel-Koalition und der Unionsfraktion durchgeführt. Darin zeigten die Sachverständigen sehr unterschiedliche Ansichten.

Klar ablehnend zu den Plänen der Bundesregierung äußerte sich Frank Buckenhofer, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "In der Sache gibt es keine Notwendigkeit, eine neue Behörde zu schaffen", sagte Buckenhofer, der auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion geladen war. mit Blick auf die geplante neue Bundesbehörde, das BBF.

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Anders sah es Alexander Fuchs von der Staatsanwaltschaft Köln, der auf Vorschlag der Grünen geladen war. Der Gesetzentwurf setze um, was international von der Organisation zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, der Financial Action Task Force (FATF), gefordert werde. "Deutschland erledigt damit seine Hausaufgaben." Der Ermittlungsfokus Geldwäsche helfe im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität, insbesondere wenn in Bezug auf Geldwäsche auch ohne den Anlass von anderen Vortaten ermittelt werden könne.