Anpassung bei den Gemeindefinanzen : Die finanzielle Lage der Kommunen ist dramatisch
Viele Aufgaben - zu wenig Geld: Städten und Gemeinden fehlen eine Billion Euro für Investitionen, aber es gibt Hoffnung.
Die Lage der Städte und Gemeinden in Deutschland ist dramatisch. Der Investitionsrückstand summiert sich inzwischen auf 166 Milliarden Euro. "Die Infrastruktur bröckelt", warnt der Städte und Gemeindebund. Die anstehenden Investitionen von einer Billion Euro in den kommenden Jahren könnten Städte und Gemeinden "nicht einmal im Ansatz bewältigen". Aber es gibt Hoffnung auf Besserung. Der Bundestag beschloss am Donnerstag mit den Stimmen aller Fraktionen das von der Bundesregierung eingebrachte Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes. Die Gruppe Die Linke stimmte dagegen.
Von der Müllabfuhr bis zum Radwege-Ausbau: Die Kommunen sind für viele Aufgaben verantwortlich.
Zwar sind die beschlossenen Änderungen eher technischer Natur, indem die Höchstgrenzen bei der Verteilung von Mitteln aus der Einkommensteuer auf die Kommunen von 35.000 Euro für einzeln veranlagte Steuerpflichtige und 70.000 Euro für zusammenveranlagte Steuerpflichtige auf 40.000 und 80.000 Euro angehoben werden. Damit werden die seit zwölf Jahren unveränderten Werte der Lohnentwicklung angepasst. Insgesamt mehr Geld für Städte und Gemeinden gibt es dadurch nicht; es verändert sich nur der Verteilungsschlüssel für die Steuermittel.
Doch stimmte der Bundestag außerdem einer Erklärung der Ampelfraktionen im Finanzausschuss zu, in der sie die Notwendigkeit unterstreichen, "die angespannte finanzielle Situation vieler deutscher Kommunen in den Blick zu nehmen und sich mit der strukturellen Verbesserung der Kommunalfinanzierung auseinanderzusetzen". Angesichts der zunehmenden Belastungen durch Altschulden, Soziallasten und den Herausforderungen der Digitalisierung soll das Bundesfinanzministerium eine Fachkonferenz organisieren, um "Maßnahmen für eine faire, transparente und nachhaltige Finanzierung für die kommunale Ebene zu diskutieren". Das ist auch dringend notwendig, denn die finanzielle Lage der Kommunen verschlechtert sich zusehends: Erzielten sie 2022 noch einen Überschuss von 2,2 Milliarden Euro, so entstand im vergangenen Jahr ein Fehlbetrag von 6,4 Milliarden, der in diesem Jahr auf 9,6 Milliarden steigen soll.
FDP fordert Impulse für Wachstum und Transformation auf kommunaler Ebene
Die Bedeutung einer ausreichenden Finanzausstattung für die Arbeit der Kommunen spielte auch in der Debatte des Gesetzentwurfs im Bundestag eine große Rolle. "Sie managen die Müllabfuhr, die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser. Sie sind zuständig für den Bau von Kindergärten und Schulen, aber auch für die Bereitstellung von Feuerwehr, Rettungsdiensten, Katastrophenschutz und vielem mehr", sagte Markus Herbrand (FDP). Die Erklärung der Koalitionsfraktionen mache deutlich, dass der Prozess nicht mit der Anpassung von Steuerbeträgen ende. Auf kommunaler Ebene müsse es weiter Impulse für mehr Wachstum und Transformation geben.
Bernhard Daldrup (SPD) sagte, mit der Anpassung der Steuerbeträge in dem Gesetz entstehe ein Stück mehr Steuergerechtigkeit zwischen großen und kleinen Gemeinden. Die Grundfinanzierung der Kommunen gehöre aber auf den Prüfstand. Es müsse auch über die Verteilung anderer Steuern geredet werden. Dass dies bald geschehen solle, ist für Stefan Schmidt (Grüne) das Signal, "dass wir die Kommunen nicht im Regen stehen lassen". Die Kommunen müssten immer mehr Aufgaben erfüllen: zum Beispiel bei der Integration schutzsuchender Menschen, der Anpassung an den Klimawandel und der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum. Er sei sicher, dass die Weichen in Richtung einer fairen und nachhaltigen Kommunalfinanzierung gestellt werden könnten.
Union und AfD: Kommunen sind durch Zuwanderung besonders herausgefordert
Angesichts der wichtigen Aufgaben gebe es ein "elementares Interesse, dass unsere Kommunen bestmöglich ausgestattet sind", sagte Sebastian Brehm (CSU). Allerdings würden sich die finanziellen Perspektiven der Kommunen dramatisch eintrüben. Das liege auch an der Politik der Bundesregierung - angefangen von den Belastungen durch Vorgaben zum Ausbau von Energieverteilnetzen bis zur Herausforderung durch Zuwanderung.
Die Kommunen seien mindestens seit 2015 strukturell überfordert, stellte Albrecht Glaser (AfD) fest, weil sie einen Teil der Kosten der "millionenfachen Masseneinwanderung" zu tragen hätten. Die Probleme der Kommunen könnten nicht durch Entschuldung gelöst werden, sondern nur auf der Ausgabenseite. Christian Görke (Gruppe Die Linke) lehnte das Gesetz ab, weil die Unterschiede zwischen starken und schwachen Kommunen vergrößert würden.