Interview zur Bankenkrise : "Es braut sich ein Sturm zusammen"
Der finanzpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Christian Görke, kritisiert die Zinserhöhungen der Zentralbank und zu geringes Eigenkapital der Banken.
Christian Görke (Linksfraktion) ist seit 2021 Mitglied des Bundestages und sitzt im Finanzausschuss und im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.
In den USA sind mehrere Banken zusammengebrochen, in der Schweiz konnte Credit Suisse nur durch eine Zwangsfusion mit der UBS gerettet werden. Erleben wir eine neue Finanzkrise, wie sie 2008 mit dem Zusammenbruch von Lehman-Brothers begann?
Christian Görke: Wir sehen die Folgen der drastischen Zinserhöhungen der Zentralbank. Ich habe schon letzten Sommer die schweren Kollateralschäden kritisiert. Es braut sich ein Sturm zusammen: Sichere Staatsanleihen verlieren an Wert, Hauspreise fallen, Neubauten werden storniert, Baukredite werden immer teurer - die Nervosität greift um sich.
International und national wurde ständig reguliert und nachreguliert. Jetzt brechen wieder Banken zusammen. Hat die Politik ihre Hausaufgaben nicht gemacht?
Christian Görke: Der Kardinalfehler sind die hohen Zinsen. Man kann einen Energiepreisschock nicht damit bekämpfen, dass man Geld teuer macht. Die Wirtschaft lahmt seit Corona, weil Konsum und Investitionen schwach sind - darauf noch mit dem Zinshammer einzuschlagen, ist eben gefährlich. Und der Fall von SVB und der Credit Suisse zeigt eine neue Anfälligkeit. Wenn sich Gerüchte zu Bankproblemen über Twitter und Co. in minutenschnelle verbreiten, können Anleger innerhalb von Minuten ihre Einlagen abziehen und Banken in die Knie zwingen. Darauf muss die Bankaufsicht einen peniblen Blick werfen, die Zentralbank neue Stresstests auslegen und die Politik die Banken noch strenger regulieren. Die Bürgerbewegung Finanzwende fordert etwa mehr Puffer beim Eigenkapital (Stichwort: Basel-Regulierung), das halte ich für sinnvoll.
Auch die Aktienkurse von Deutscher Bank und Commerzbank sind nach den Bank-Zusammenbrüchen in den USA enorm eingebrochen. Für Bundeskanzler Olaf Scholz besteht "kein Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen". Die Deutsche Bank sei eine sehr profitable Bank. Stimmen Sie dem Kanzler zu?
Christian Görke: Olaf Scholz kann ja gar nichts anderes sagen. Bei der Finanzkrise von 2008 war das auch so, wie es endete, wissen wir alle. Statt warmer Worte braucht es politische Taten. Stresstest, höhere Grenzen bei der Einlagensicherung und Feuerschutz durch die Zentralbank.
Müssen sich die Sparer in Deutschland Sorgen um die Bankguthaben machen? Im Internet wimmelt es von Empfehlungen, nur zu Hause sei Geld sicher.
Christian Görke: Bei allen ernsthaften Problemen, die ich genannt habe, halte ich nichts von Schwarzmalerei. Um aber konkret zu sein: Wir haben die Einlagensicherung. 100.000 Euro pro Kopf und Konto sind staatlich garantiert, selbst wenn eine deutsche Bank umkippt. Das ist richtig so und sollte sogar ausgeweitet werden, damit auch der Lüftungsgroßhändler und der Supermarkt nicht um ihre Einlagen fürchten müssen - und panische Bankruns vermieden werden. Nochmal: Wir sehen bisher nur Böen, noch ist kein Sturm wie 2008!
Kritiker sehen am Ende wieder den Steuerzahler für die Verluste der Banken geradestehen. Haben sie Recht?
Christian Görke: Das darf nicht passieren. Wenn Banken umkippen, müssen die Kunden und ihre Einlagen geschützt werden, aber die Eigentümer der Bank (die Aktionäre) den Verlust tragen. Und natürlich die millionenschwer bezahlten Manager geradestehen!