Handelsstreit : EU setzt im Zoll-Streit auf die WTO-Handelsordnung
Die Welthandelsorganisation ist aus Sicht der EU der Ort, um Handelsstreitigkeiten zu schlichten. Abgeordnete im EU-Parlament appellieren an die Einigkeit Europas.
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Zölle könnten dem Welthandel schaden, fürchten EU-Parlamentarier und kündigen Gegenmaßnahmen an.
Die Europäische Union (EU) will sich auf Basis der Regeln der Welthandelsorganisation WTO gegen die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump wehren. Das machten Vertreter des Europäischen Rates und der EU-Kommission am Dienstagvormittag bei einer Debatte im EU-Parlament deutlich. Der Europaminister Polens, das derzeit im EU-Rat die Präsidentschaft führt, Adam Szlapka, sagte: „Seit Jahrzehnten hat die Welthandelsorganisation einen soliden Rahmen für den Handel bereitgestellt. Das hat zu mehr Wohlstand geführt." Internationale Handelsregeln seien ein Garant für Stabilität. "Die EU hat ein fulminantes Interesse daran, ein regelbasiertes System aufrecht zu erhalten.“ Szlapka warnte vor einer fragmentierten Weltwirtschaft. Das sei insbesondere schlecht für die ärmsten und schwächsten Länder weltweit.
WTO-System ans 21. Jahrhundert anpassen
Das WTO-System müsse an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden, erklärte Szlapka, nötig sei ein vollfunktionsfähiges System zur Schlichtung von Handelsstreitigkeiten. Er verwies ferner darauf, dass die EU über das WTO-System hinaus Handelsabkommen mit 76 Staaten abgeschlossen habe. Mit Blick auf neue US-Importzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte erklärte er: „Wir sind nicht naiv. Wir sind bereit, alle Instrumente zu nutzen für unsere Wettbewerbsfähigkeit - faire Spielregeln für alle!“
„Die EU sieht keine Rechtfertigung für die Verhängung von Zöllen auf unsere Exporte.“
Auch EU-Handelskommissar Maros Sefcovic betonte die Notwendigkeit eines regelbasierten Welthandelssystems. „Leider sind die Zölle über Nacht wieder zurückgekehrt“, erklärte er und nannte die Erklärung von Präsident Trump vom Montag, 25 Prozent Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe ab 4. März einzuführen.
“Die EU sieht keine Rechtfertigung für die Verhängung von Zöllen auf unsere Exporte", stellte Sefcovic klar und erklärte: „Zölle sind Steuern, schlecht für Unternehmen, noch schlimmer für Konsumenten.“ Europa werde Gegenmaßnahmen ergreifen - entschlossen und gezielt. „Wir werden unsere Arbeiter, Unternehmen und Konsumenten schützen“, versprach er, sagte aber zugleich, die EU stehe bereit für Gespräche.
Die EU hat die alleinige Zuständigkeit in der Handelspolitik
In der Zoll- und Handelspolitik hat die EU die ausschließliche Zuständigkeit. Im Handel zwischen den Mitgliedsstaaten gibt es längst keine Zölle mehr. Die EU bildet eine Freihandelszone unter den 27 Mitgliedsstaaten. Zugleich gelten für alle EU-Staaten gemeinsame Außenzölle gegenüber Drittstaaten (Zollunion). Über diese entscheiden die EU-Kommission, der EU-Rat und das EU-Parlament gemeinsam.
Wie genau die EU auf die neuen US-Zölle reagieren wird, ist noch unklar. Eine Möglichkeit besteht darin, derzeit ausgesetzte EU-Zölle auf US-Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter wieder einzuführen. Mit ihnen hatte die EU in der ersten Amtszeit Trumps reagiert, als erstmals US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumexporte aus der EU eingeführt wurden. Derzeit sind sie auf Grundlage einer Vereinbarung mit der früheren US-Regierung von Joe Biden ausgesetzt.
EVP-Fraktion: "Die Antwort muss in einer WTO-kompatiblen Weise erfolgen"
Für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) stellte Jörgen Warborn den EU-Weg in Gegensatz zu anderen großen Wirtschaftsmächten. Während China Subventionen nutze, um seine Unternehmen zu fördern, setzten die Vereinigten Staaten von Amerika für diesen Zweck nun Zölle ein. „Traurigerweise ist die EU nun nur einer der wenigen globalen Akteure, die nach der interanationalen regelbasierten Ordnung spielen“, stellte Warborn fest. Europa müsse vereint stehen im Umgang mit Trumps Zollpolitik. „Die Antwort muss in einer WTO-kompatiblen Weise erfolgen“, verlangte Warborn und ergänzte: „Weil China und die USA derzeit nach ihren eigenen Regeln spielen, brauchen wir noch mehr strategische Partner in der Welt.“ Die EU müsse weiter am Abkommen mit den Mercosur-Staaten arbeiten, die Verhandlungen mit Indien fortsetzen, ihr modernisiertes Handelsabkommen mit Mexiko finalisieren und den Prozess mit Indonesien beschleunigen.
„Die Europäer müssen zusammenhalten. Wir müssen einen Handelskrieg zu vermeiden suchen und mit der Regierung Trump zusammen arbeiten.“
Ähnlich äußerte sich Karin Karlsbro für die Fraktion Renew Europe: „Wir sollten unsere Kräfte bündeln, um unseren gemeinsamen Gegnern entgegen zu treten, Russland und China.“ Die EU wolle Handel, sie sage aber gegenüber den USA auch: „Wenn die Vereinigten Staaten uns spalten wollen, dann liegt unsere Stärke im Zusammenhalt.“
Für eine weitere Stärkung des EU-Binnenmarkts sprach sich Garcia Perez aus der sozialdemokratischen Fraktion aus. „Wir haben die größte Handelsmacht der Welt“, erklärte sie. Es gelte jetzt, weitere Handelsabkommen „mit strategischen Partnern in anderen Teilen der Welt“ zu schließen, etwa in Lateinamerika oder Afrika.
Keine Freunde, nur Interessen
Klara Dostalova von der Fraktion Patrioten für Europa sagte: “Beim Handel gibt es keine Freunde. Es gibt nur Interessen.” Sie stellte der EU kein gutes Zeugnis aus. „Genug zu einem Brüssel, das Europas Verfall nur zuschaut“, erklärte sie.
Daniele Polato forderte für seine Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer: „Die Europäer müssen zusammenhalten. Wir müssen einen Handelskrieg zu vermeiden suchen und mit der Regierung Trump zusammen arbeiten.“ Das Problem sei indes nicht Washington: “Denn Washington verfolgt richtigerweise die eigenen Interessen." Das Problem liege “eher in Deutschland, weil die Grünen und Sozialdemokraten da unglaubliche Entscheidungen getroffen haben”. Er nannte unterem weiter die Sanktionen gegen Russland. „Wenn wir in den neuen Handelsbeziehungen weiter eine Rolle spielen wollen, müssen wir unseren Ansatz grundlegend ändern“, verlangte er.
„Die extreme Rechte wirft sich Trump zu Füßen und findet ihn toll, dabei wird Trump Europa schwächen“, kritisierte daraufhin Anna Cavazzini von der Fraktion Die Grünen/Freie Europäische Allianz. „Wir haben eine wahnsinnige Macht mit einem der größten Märkte der Welt, und die müssen wir auch nutzen gegenüber Trump“, forderte sie. Cavazzini kritisierte darüber hinaus Forderungen, die europäischen Regelungen für Künstliche Intelligenz, den AI Act, zu lockern.
Linksfraktion moniert mangelnde Reaktionen auf Präsident Trumps bisherige Politik
Manon Aubry von der Fraktion Die Linke prangerte Europas Untätigkeit und mangelnde Reaktionen auf Präsident Trumps bisherige Politik an. „Man nimmt einfach den Austritt aus dem Klimaabkommen in Kauf“, kritisierte sie, ebenso wie die mangelnde Positionierung Europas zu Trumps Plan, den Gaza-Streifen zu kaufen und zu einem „Tourismusstreifen“ zu machen. „Trump möchte uns bloß stellen, und jetzt halten Sie auch noch die andere Wange hin“, kritisierte sie die EU-Kommission und ergänzte: „Und die extreme Rechte betet Herrn Trump und Herrn Musk an.“
„Zölle sind Steuern“, stellte Rene Aust von der Fraktion Europa der Souveränen Nationen, fest. Diese seien aber nur ein Problem für Wettbewerbsnachteile europäischer Unternehmen. Er prangerte die Regulierung in der Europäischen Union an und nannte beispielhaft Berichtspflichten, aber auch hohe Steuer- und Abgabenlasten. „Die Unternehmen müssen entlastet werden, Steuern sind zu senken“, forderte er. Nötig sei eine „interessensorientierte Außenpolitik“. Aust weiter: „Auch Donald Trump müssen wir die Hand für Kooperationen reichen.“