Zinsen : Geld kostet wieder Geld
Mit Schuldenmachen lässt sich nichts mehr verdienen, außerdem wächst ein neues Problem für den Staatshaushalt heran.
Mit Schulden Geld verdienen: Diesen Effekt brachte die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Niedrigzinsen und der Übernahme von Staatsschulden (durch Ankauf von Anleihen) in den letzten Jahren mit sich. Im Bundeshaushalt war dieser Effekt deutlich abzulesen: Mussten 2013 noch 31,3 Milliarden Euro an Zinsen für den Staatsschuldenberg aufgewendet werden, so sank dieser Betrag bis 2021 auf 3,9 Milliarden Euro. Doch die für den Finanzminister schönen Zeiten sind vorbei. Die Zinsen steigen auf breiter Front, was Bauwilligen schon schwer zu schaffen macht.
Deutschland muss wieder Zinsen bieten
Angesichts der galoppierenden Preissteigerungen hat die amerikanische Notenbank FED begonnen, die Zinsen anzuheben, was sich auf die Zinsen in Europa auszuwirken beginnt: Wenn es für eine amerikanische Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit 2,7 Prozent Zinsen im Jahr gibt, lässt das Interesse an deutschen Staatsanleihen nach, zumal wenn dafür noch Geld draufgezahlt werden musste. Folge: Deutschland muss wieder Zinsen bieten, um Geld leihen zu können.
In der Praxis funktionierte das noch letztes Jahr so: Wer eine neue Bundesanleihe für zum Beispiel 1.000 Euro kaufen wollte (geht an jeder Börse), musste dafür 1.040 Euro auf den Tisch legen (entspricht einem Kurs von 104 Prozent). Zinsen gibt es dafür nicht, und nach zehn Jahren gibt es nur 1.000 Euro zurück, was einer Negativrendite von 0,29 Prozent entspricht.
Für den Käufer einer US-Anleihe sieht das anders aus: Er kauft eine Anleihe für 1.000 Dollar, bezahlt dafür auch nur 1.000 Dollar und kassiert Jahr für Jahr 2,7 Prozent Zinsen (27 Dollar). Nach zehn Jahren summiert sich seine Anlage auf 10.270 Dollar. Auch für deutsche Anleihen gibt es inzwischen wieder Zinsen. Im April dieses Jahres waren es 0,78 Prozent.
"Beachtliche Einnahmeposition" fällt nun weg
Damit gehören die schönen Zeiten der Vergangenheit an, als der Bund bei der Herausgabe von Staatsanleihen Kurse über 100 Prozent verlangen konnte. Da bei Fälligkeit nur 100 Prozent zurückgezahlt werden, machte dieser Vorteil nach Angaben des Bundesrechnungshofes 2019 5,7 Milliarden Euro, 2020 11,7 Milliarden und 2021 10,8 Milliarden Euro aus. 2022 hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) zunächst noch mit einer "beachtlichen Einnahmeposition" (Rechnungshof) von 6,2 Milliarden Euro durch diesen "Agio"-Effekt geplant; im Haushaltsverfahren wurde die Summe jedoch auf nur noch rund 670 Millionen Euro reduziert - ein klares Zeichen, dass mit der von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen "Zeitenwende" auch eine Zinswende einhergeht.
Was dies für den Bund bedeutet, macht der Bund der Steuerzahler klar: "Erhöhen sich die Zinsen mittelfristig um nur einen Prozentpunkt, steigen die Zinskosten allein des Bundes um bis zu 14 Milliarden Euro." Deshalb hatte der Bundesrechnungshof gefordert, weniger kurzlaufende Anleihen (zum Beispiel zwei Jahre) und mehr Langläufer (bis zu 30 Jahre) herauszugeben, um das Zinserhöhungsrisiko abzufedern.
Da die EZB bereits Zinserhöhungssignale aussendet und die FED mit weiteren Zinserhöhungsschritten vorpreschen dürfte, kommt auf den Staatshaushalt nach Klimarettungskosten, Corona- und Ukraine-Hilfen ein fettes Zinsproblem hinzu.