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Foto: picture-alliance/dpa-tmn/Christin Klose
Familien können mit einem Inflationsausgleich rechnen.

Hilfen gegen hohe Inflation : Mehr Lohn soll nicht automatisch zu höheren Steuern führen

Kindergeld und Grundfreibetrag sollen steigen, die Umsatzsteuer auf Gas sinken. Kritik gibt es insbesondere an Plänen zum Abbau der sogenannten kalten Progression.

26.09.2022
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4 Min

Entlasten wollen sie alle. Dennoch stößt der Koalitionsentwurf für ein Inflationsausgleichsgesetz, das die Bürger angesichts der hohen Geldentwertung entlasten soll, bei der Opposition teilweise auf heftige Kritik. Das Gesetz soll der sogenannten kalten Progression entgegenwirken, indem die Beträge steigen, ab denen jeweils ein höherer Steuersatz fällig wird. Wer mehr Lohn bekommt, soll nicht automatisch höher besteuert werden. Steigen sollen auch der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer sowie das Kindergeld, der Kinderfreibetrag und der Unterhaltshöchstbetrag. Ein weiterer Gesetzentwurf der Koalition sieht vor, die Umsatzsteuer auf Gas von derzeit 19 Prozent auf sieben Prozent zu senken, befristet bis 31. März 2024. Beide Gesetzentwürfe wurden nach der ersten Lesung vergangenen Donnerstag zur weiteren federführenden Beratung an den Finanzausschuss überwiesen.

Lindner: Regierung arbeitet unter Hochdruck

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nannte die "galoppierenden Preise" eine "Bedrohung für Wohlstand, soziale Sicherheit und die Stabilität unseres Landes". Daher sei es "die erste Priorität der Bundesregierung, diese Inflation zu bekämpfen". Lindner verwies auf bereits beschlossene Maßnahmen für Sozialleistungsemfänger, auf die anstehende Wohngeldreform sowie auf Entlastungen für Betriebe, an denen die Regierung "unter Hochdruck" arbeite. Jetzt beim Inflationsausgleichsgesetz gehe es um die "Menschen in der Mitte der Gesellschaft", die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, aber ebenfalls unter der Inflation leiden.

Die Union kündigte ihre Zustimmung an. Johannes Steiniger (CDU) gratulierte Lindner und der FDP, dass sie dieses Gesetz durchgesetzt hätten, obwohl es nicht im Koalitionsvertrag stehe und SPD sowie Grüne "eigentlich" die kalte Progression wollten. Mathias Middelberg (CDU) bemängelte allerdings, dass die Tarifanpassung erst im nächsten Jahr gelten soll und damit inflationsbedingte Mehreinnahmen in diesem Jahr beim Staat verblieben. An der geplanten Umsatzsteuersenkung auf Erdgas kritisierte Alois Rainer (CSU), dass kleine und mittlere Unternehmen "wieder vollständig vergessen" worden seien. Da die Umsatzsteuer für sie ein durchlaufender Posten sei, profitierten sie nicht von der Senkung, würden aber von der geplanten Gasumlage voll belastet.


„Diese Krise ist so groß, wir können nicht alles abfedern.“
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen)

Frauke Heiligenstadt (SPD) verwies darauf, dass die jetzt eingebrachten Maßnahmen zusammen mit den schon beschlossenen sowie den geplanten wie Wohngeldreform und Bürgergeld "die umfangreichsten Entlastungen seit Bestehen der Bundesrepublik" seien. Ihr Fraktionskollege Michael Schrodi kündigte zudem an: "Wir werden die Energiepreise senken." Angesichts der Kritik der Union verwies Schrodi darauf, dass der Kinderfreibetrag rückwirkend für das laufende Jahr erhöht werden solle und der Grundfreibetrag für 2022 bereits rückwirkend erhöht worden sei.

Grüne: "Teil eines guten Pakets"

Mit der Feststellung, dass der Ausgleich der kalten Progression vor allem Reiche entlaste und deshalb falsch sei, überraschte Andreas Audresch (Grüne). Er sei aber Teil eines Pakets, und dieses sei ein gutes, "das wir jetzt gemeinsam tragen können". Weiter sagte Audresch, für Unternehmen sowie soziale Infrastruktur wie Krankenhäuser, denen angesichts der Energiepreise Schaden drohe, müsse man jetzt viel Geld in die Hand nehmen. Wobei seine Fraktionskollegin Katharina Beck ergänzte: "Diese Krise ist so groß, wir können nicht alles abfedern." Für die FDP-Fraktion hob Markus Herbrand hervor, dass erstmals bei einer Inflationsanpassung der Steuertarife der Eckwert für die "sogenannte Reichensteuer" gleich bleibe. Dies sei eine "Gerechtigkeitskomponente".

Für AfD kommt Ausgleich zu spät

"Eine glatte Lüge" nannte Kay Gottschalk (AfD) schon den Titel des Gesetzentwurfs: "Er wird nicht im Entferntesten die Inflation ausgleichen." Seit Januar 2022 galoppiere die Inflation, ein Ausgleich sei aber erst für 2023 vorgesehen. Sein Fraktionskollege Klaus Stöber warf der Koalition vor, nicht die Ursachen, sondern die Symptome der Krise zu bekämpfen. Ursachen seien "Ihre desolate Energiepolitik" sowie "die vollkommen gescheiterte Sanktionspolitik gegen Russland".

Christian Görke (Linke) kritisierte, dass die Steuersenkung auf Gas die Belastung durch die Gasumlage nicht ausgleiche. Vor allem aber laufe sie an den Firmen vorbei, während die Gasumlage über die Preise bei den Verbrauchern lande und "neue Preisschocks" auslöse. Was die Regierung hier mache, sei "völlig irre und bizarr".

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Mit dem Inflationsausgleichsgesetz soll der steuerliche Grundfreibetrag von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden Jahr und 10.932 Euro 2024 steigen. Das Kindergeld soll für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat anwachsen, das sind für das erste und zweite Kind 18 Euro und für das dritte Kind zwölf Euro mehr. Diese Erhöhung in einem Schritt soll für die Jahre 2023 und 2024 gelten. Rückwirkend zum 1. Januar 2022 soll der Kinderfreibetrag um 160 Euro auf dann 8.548 Euro steigen und der Unterhaltshöchstbetrag von 9.984 Euro auf 10.347 Euro. Im Jahr 2023 soll der Kinderfreibetrag (inklusive Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf) um 140 auf 8.688 Euro angehoben werden und 2024 um 228 Euro auf 8.916 Euro.

Die steuerlichen Mindereinnahmen durch diese Maßnahmen werden im nächsten Jahr auf 12,21 Milliarden veranschlagt und im Jahr 2024 auf 17,95 Milliarden. Die Mindereinnahmen durch die Umsatzsteuersenkung auf Gas werden bis zum Jahre 2024 auf insgesamt 11,265 Milliarden Euro veranschlagt.