Editorial : So geht parlamentarische Kontrolle
Die Union will prüfen, ob der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz zu dem Fall Warburg Bank die Wahrheit gesagt hat, auch wenn er auf fehlende Erinnerungen verweist.
Nun steht also eine parlamentarische Untersuchung des Skandals um die Warburg-Bank bevor, bei dem Hamburg der Bank gegenüber in der Amtszeit des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz zunächst auf die Rückforderung von Cum-Ex-Steuermillionen verzichtete. Niemand nimmt diese Untersuchung auf die leichte Schulter. Der Respekt vor den mächtigen Möglichkeiten eines Untersuchungsausschusses, Missstände aufzuklären, war in der Debatte allen Reden anzumerken. Umso mehr wurde um die Frage gerungen, ob irgendetwas im Fall der Warburg-Bank nicht den Erwartungen entspricht, also ein Missstand ist.
Die CDU/CSU-Fraktion will aufklären, ob es in Hamburg politische Weisungen gab, die Steuererstattungen zunächst nicht zurückzufordern. Und sie will prüfen, ob der heutige Bundeskanzler zu den Vorgängen vor der Öffentlichkeit, dem Bundestag und der Hamburgischen Bürgerschaft die Wahrheit gesagt hat, auch wenn er auf fehlende Erinnerungen verweist. Die erste Frage wird bereits in Hamburg untersucht, bislang ohne dass Scholz dort ein Fehlverhalten nachgewiesen wurde.
Nicht die Mehrheit entscheidet, was untersucht wird
Braucht es also im Bundestag ebenfalls einen Untersuchungsausschuss? Die Antwort kann offen bleiben, denn das Grundgesetz sieht es so: Wenn ein Viertel der Abgeordneten ein Untersuchungsverlangen hat, muss der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Die Minderheit und nicht die Mehrheit entscheidet, was untersucht werden muss. Das sichert die parlamentarische Kontrolle durch die Minderheit. Der Geschäftsordnungsausschuss wird nun - wie seit Jahren bei jedem Untersuchungsausschuss - noch Detailfragen klären und der Ausschuss wird dann kommen.
Ob es am Ende neue Erkenntnisse in der Steueraffäre gibt, ist eine andere Frage. Diese jetzt schon zu beantworten hieße aber, die Ergebnisse des Ausschusses vorwegzunehmen. Zudem darf ein Untersuchungsausschuss auch politisch motiviert sein. Es gab bislang 48 Untersuchungsausschüsse im Bundestag, es wäre nicht der erste Ausschuss, mit dem eine Oppositionskraft neben Aufklärung auch eine politische Motivation verfolgt. Wer dies als Regierung verhindern will, darf besonders bei heiklen Themen keine Fragen offen lassen, im Fall Warburg Bank beispielsweise zum Inhalt von Gesprächen. Doch um Antworten zu geben, muss man sich erinnern können. So gesehen war der Untersuchungsausschuss unvermeidlich.