Haushalt 2024 : Union lobt Finanzminister Lindner
In der Allgemeinen Finanzdebatte zum Auftakt der Haushaltsdebatte 2024 macht die CDU/CSU der FDP Avancen. Die will davon nichts wissen.
In diesem Etatentwurf steckt viel Arbeit", das sei kein Geheimnis, gab Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zu, als er vergangenen Dienstag die Haushaltswoche im Bundestag eröffnete. In einer 47-minütigen Rede stellte er den Gesetzentwurf der Bundesregierung für den Haushalt 2023 im Parlament vor.
Dass die Diskussionen innerhalb der Ampel-Regierung langwierig waren, bis der Haushaltsentwurf stand, war der Öffentlichkeit nicht verborgen geblieben. Allein die Debatte um die Kindergrundsicherung geriet zum Showdown zwischen ihm und Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen). Die Kindergrundsicherung ist zwar erst für 2025 eingeplant. Paus hatte aber noch im Juni deutlich gemacht, dass sie ohne eine Einigung hier einem Etatentwurf nicht zustimmen werde.
Streit in der Ampel, ein Fest für die Opposition! Avancen an die Einen, kein gutes Wort für die Anderen, so versuchte der Unionsabgeordnete Mathias Middelberg in seiner Replik auf Lindners Einbringungsrede weiter Beziehungsstress in die Ampel-Koalition zu treiben. An den liberalen Finanzminister gerichtet, sagte er: "Bei allen entscheidenden Punkten, die Sie angesprochen haben - Geldwertstabilität, Schuldenbremse, bei marktwirtschaftlichen Lösungen hin zu Wachstum, der Frage der Grundlast bei der Energie oder zum Schluss bei der Frage, wie wir die Rente finanzieren -, haben wir keine einzige Hand hier in der SPD- und der Grünenfraktion gesehen, die sich zum Applaus bewegt hätte." Applaus hätte es lediglich von Lindners eigener Partei gegeben.
Union ruft zum Koalitionsbruch auf
Aufgrund der Krisen habe der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP keine Geschäftsgrundlage mehr, argumentierte Middelberg und ergänzte: "Die FDP erkennt das. Bei SPD und Grünen gibt es nur eine Lösung, nämlich Schulden machen." Middelberg zeigte also kein Wohlwollen gegenüber der regierenden Ampelkoalition insgesamt, eher will er deren Ende. Würde die FDP ihren Maßstab aus dem Jahr 2017 anlegen, besser nicht als falsch zu regieren, "müssten Sie den gleichen Schluss ziehen", sagte er mit Blick auf den damaligen Abbruch der Gespräche über eine Jamaika-Koalition. "Im Interesse der Menschen dieses Landes wäre es wichtig, so zu handeln."
Ein klarer Aufruf zum Koalitionsbruch. Und ein Signal der Avancen für ein baldiges schwarz-gelbes Zusammenkommen im Parlament? Realitätscheck: Eine gemeinsame Mehrheit im Parlament haben Freie und Christdemokraten nicht. CDU/CSU und FDP kommen auf 289 der 736 Sitze. In Umfragen liegen beide zusammen derzeit deutlich unter 40 Prozent. Ob aus Überzeugung oder Mangel an Alternativen: In der Haushaltsdebatte bekannte sich die FDP zur Ampelkoalition.
Lindner kontert Kritik
Dass sie eher nicht auf die Gegenliebe der FDP hoffen dürfen, hatte den Unionspolitikern eigentlich bereits zuvor die Rede von Finanzminister Lindner gezeigt. Der verteidigte nämlich nicht nur den Haushaltsentwurf, sondern griff auch die Union an. "Sie haben während Ihrer Verantwortungszeit insbesondere Sozialausgaben ausgedehnt, aber haben nicht investiert, weshalb wir die Defizite in der öffentlichen Infrastruktur von Ihnen geerbt haben", rief er in Richtung von CDU/CSU.
Auch die jüngsten Vorschläge der Christdemokraten für Steuersenkungen nahm Lindner aufs Korn. Diese würden ein Loch von 30 bis 40 Milliarden in den Steuersäckel reißen. "Wo soll's denn herkommen?", fragte er die Unionsfraktion süffisant und fuhr fort: "Wenn Sie zu dem stehen, was Sie heute früh erklärt haben, dann stehen Sie nicht mehr zur Schuldenbremse."
Länderchefs fürchten Einnahmeverluste für ihre Landeshaushalte
Die zarten Annäherungsversuche der Unionsfraktion an die FDP wies auch der FDP-Abgeordnete Christoph Meyer zurück. Zwar zeigte er sich erfreut, dass Middelberg sich positiv über das vom Bundeskabinett beschlossene Wachstumschancengesetz geäußert habe. "Das rechen ich Ihnen sehr hoch an", sagte Meyer.
Scharfe Kritik erntete aber Middelbergs Fraktionschef Friedrich Merz und dessen Umgang mit den Länderchefs der CDU. Diese hatten sich teils skeptisch geäußert, da sie Einnahmeverluste für ihre Landeshaushalte fürchten. "Wer Führung in diesem Land übernehmen möchte, wer Kanzler werden möchte, muss doch zumindest in der Lage sein, den Ministerpräsidenten der von seiner Partei regierten Bundesländer mal deutliche Töne mitzugeben und zu sagen, was jetzt nötig ist, statt sich in die Büsche zu schlagen", sagte Meyer.
Mit dem Wachstumschancengesetz will die Bundesregierung steuerliche Investitionsanreize für Unternehmen im Volumen von insgesamt sieben Milliarden Euro setzen. In Kürze dürfte das Gesetz den Bundestag erreichen.
SPD stützt Schuldenbremse
Zumindest nach außen wollen die Regierungsfraktionen Geschlossenheit vermitteln. Der SPD-Abgeordnete Dennis Rohde verteidigte die Regierung. Der Haushaltsentwurf sei fristgerecht eingereicht worden. "Natürlich waren diese Debatten schwieriger als vielleicht andere Haushaltsverhandlungen zu anderen Zeiten", gestand Rohde zu. Das hänge aber nun mal damit zusammen, dass der Spielraum kleiner geworden sei, und "dass wir die Schuldenbremse einhalten werden". Schließlich gebe die Verfassung das vor. "Und natürlich folgen wir der Verfassung an dieser Stelle", sagte Rohde.
Der Sozialdemokrat weiter: "Die Ausgangslage, in der wir uns befinden, ist natürlich auch deswegen schwierig, weil wir einen Krieg auf europäischem Boden haben, einen Krieg, der nicht nur aufgrund eines imperialistischen Bestrebens einer Partei die staatliche Souveränität von Nationen infrage stellt, sondern einen Krieg, der die bisherigen Spielregeln unserer globalisierten Welt hinterfragt, einen Krieg, der dazu führt, dass unsere Bezugsquellen, zum Beispiel für die Erzeugung von Wärme, in großen Teilen nicht mehr vorhanden sind."
Auch Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) ging in seiner Rede zunächst auf die Gefahren und Folgen des "brutalen Krieges mitten in Europa, ausgelöst durch den russischen Imperialismus", ein. "In dieser Zeit brauchen wir einen Haushalt, der den sozialen, den gesellschaftlichen, den demokratischen Zusammenhalt stärkt", sagte er. Die im Haushaltsentwurf inklusive der für 2024 aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehenen Investitionsmittel für Wasserstoff, Energieeffizienz, Wohnungssanierungen, Schiene und Straßen bezifferte er auf 90 Milliarden Euro. Das sei nahezu eine Verdopplung der Investitionen im Vergleich zur Zeit der CDU/CSU-geführten Regierung.
Union moniert "andauernde Angriffe der Grünen auf die Schuldenbremse"
"Wir erleben eine Weltwirtschaft in Turbulenzen, insbesondere in China, was sich auch auf unsere Volkswirtschaft, die extrem exportabhängig ist, dramatisch auswirken kann", sagte Kindler, der ferner auf die Erderwärmung verwies, auf Extremwetter, Hitze und Dürre. "Gleichzeitig erleben wir leider hier im Parlament und auch anderswo Rechtsextremisten, die die Demokratie angreifen wollen", stellte er fest.
Für die Opposition zeigten sich in Kindlers Beitrag indes neue Brüche in der Geschlossenheit der Ampelkoalition. Die Vorlage dazu lieferte dieser, als er mit Blick auf das Wachstumschancengesetz zwar sagte, seine Fraktion unterstütze Anreize für Investitionen, aber vor "teuren Mitnahmeeffekten" warnte, die es im Laufe des weiteren parlamentarischen Verfahrens "sehr genau" anzuschauen gelte.
Darüber hinaus kritisierte Christian Haase (CDU) "andauernde Angriffe der Grünen auf die Schuldenbremse" und schlussfolgerte, dass "der Bundeskanzler hier die Vertrauensfrage stellen" müsse.
Peter Boehringer von der AfD-Fraktion kritisierte die Sondervermögen und die damit verbundenen Schulden. "Selbst wenn man die Bundeswehrsonderschulden, die EU-Schuldenzuweisung und auch die Entnahmen aus den bereits existierenden Rücklagen abzöge, verbliebe immer noch eine Überschreitung des Schuldenlimits um 51 Milliarden Euro", rechnete er vor.
Insbesondere die Zuwanderung von Migranten thematisierte Boehringer. Das Bürgergeld würde "demnächst" zur Hälfte an diese Personengruppe fließen. "Die Gesamtkosten werden meiner Meinung nach bei über 50 Milliarden Euro liegen", sagte er. Auch Ausgaben infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kritisierte er. Dieser sei "nicht der unsere".
Linksfraktion: "Herz für Panzer", aber nicht für Kinder
Fundamentale Kritik am Bundeshaushalt übte Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke. Sie sagte: "Diese Bundesregierung hat ein Herz für Panzer, aber nicht für Kinder. Und das ist das falsche Signal." Auf Basis der Nato-Kriterien bezifferte sie die Ausgaben für die Bundeswehr auf 85,5 Milliarden Euro. "Ich sage Ihnen: Keine Bundesregierung hat bisher so rücksichtslos aufgerüstet wie diese Regierung aus SPD, Grünen und FDP." Lötzsch kritisierte, dass die Ampel-Koalition die Kindergrundsicherung bisher nicht umgesetzt habe. Sie sprach sich ferner dafür aus, bereits 2024 das Klimageld an die Bundesbürger auszuzahlen. Vermögende sollten an der Finanzierung der Klimakrise beteiligt werden, forderte die Linken-Abgeordnete.
Kritisch bewertete sie auch das Festhalten an der Schuldenbremse: "Wir haben Notstände im Gesundheitswesen, in der Bildung, bei der Deutschen Bahn; aber Sie wollen die Schuldenbremse weiter anziehen. Das hat mit wirtschaftlichem Sachverstand nichts zu tun. Das verbaut unsere Zukunft. Das darf nicht sein."
Für Bundesfinanzminister Lindner sind mehr Schulden allerdings kein Weg, der in die Zukunft führt. "Würden wir Konjunkturprogramme auf Pump aufsetzen, würde die Bekämpfung der Inflation länger dauern und teurer für unsere Volkswirtschaft sein, und deshalb machen wir dies nicht", hatte er in seiner Rede erklärt."