Energiewende : Bundestag beschließt neues Klimaschutzgesetz und Solarpaket
Nach langen koalitionsinternen Diskussionen beschließt der Bundestag das Klimaschutzgesetz. Die Unionsklage gegen eine Novelle scheiterte.
Dieser Freitag hätte ein Tag sein können, an dem die Ampel das Land gestaltet, Politik macht - und nicht den Eindruck, hauptsächlich mit sich selbst und der Frage beschäftigt zu sein, ob man es bis zum Ende der Legislaturperiode miteinander aushält. Schließlich war alles bereitet, um im Bundestag zwei wichtige Vorhaben für das Megaprojekt "Energiewende" voranzutreiben, auf die sich die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP in der Vorwoche geeinigt hatten: die Reform des Klimaschutzgesetzes (KSG) und das Solarpaket-1.
Baustelle Energiewende: Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes und dem Solarpaket-1 soll das Erreichen der Klimaziele in Deutschland ermöglicht werden.
Doch die Freude der Koalitionäre fiel verhalten aus, die gute Stimmung wurde getrübt - das vorherrschende Gefühl war am Ende eher eines der Erleichterung.
Union wollte die Abstimmung verhindern
Denn am Mittwoch sah es plötzlich so aus, als drohte der Ampel ein weiteres Desaster aus Karlsruhe: Der CDU-Bundestagabgeordnete Thomas Heilmann wollte mit einem Eilantrag die Abstimmung über das Klimaschutzgesetz verhindern. Seine Begründung: Der Bundestag habe zu wenig Zeit gehabt, sich über die Gesetzesänderungen zu informieren. Seine Mitwirkungsrechte als Bundestagsabgeordneter seien verletzt worden. Im Sommer vergangenen Jahres konnte er mit diesem Argument die Beratung des Heizungsgesetzes zunächst verhindern. Diesmal wies das Bundesverfassungsgericht den Eilantrag ab. Seine Klage sei von vornherein unzulässig gewesen, hieß es am späten Donnerstagabend.
Das Ziel: Weniger CO2-Emissionen
Also konnte der Bundestag am Freitag beraten und beschloss die KSG-Novelle. Die Aufsetzung des Tagesordnungspunktes setzten die Koalitionsfraktionen zu Beginn der Plenarsitzung gegen das Votum der Opposition durch. Für den Entwurf der Bundesregierung "eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes" in der vom Ausschuss für Klimaschutz und Energie geänderten Fassung stimmten die Ampelfraktionen, dagegen CDU/CSU und AfD und die Gruppe Die Linke.
Die Reform des Klimaschutzgesetzes sieht grundlegende Änderungen vor. Bisher gilt: Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zu CO2-Emission verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien im nachfolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen. Mit der Reform soll die Einhaltung der Klimaziele nun nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorenübergreifend. Wenn sich in zwei aufeinander folgenden Jahren abzeichnet, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel für das Jahr 2030 nicht auf Kurs ist, muss sie nachsteuern.
"Nicht reden- machen!"
"Über Klimaschutz muss man nicht reden, man muss ihn machen", stellte Katharina Dröge (Grüne) in der Debatte fest. Mit den in Rede stehenden Veränderungen werde das Klimaschutzgesetz "ausschließlich verschärft". Die Sektoren müssten weiter Ziele erreichen und aufs Ganze gesehen dürfe kein Gramm CO2 mehr emittiert werden als zuvor.
Andreas Jung (CDU) widersprach ihr energisch: "Sie entreißen dem KSG das Herzstück", sagte Jung "Sie nehmen dem Gesetz die Verbindlichkeit und machen es zu einem Papiertiger." Die Ampel verschaffe sich damit selbst einen Freibrief - denn sie müsse nichts mehr tun.
Entscheidend seien nicht die Ziele, sondern die Maßnahmen zu ihrer Erreichung, sagte Matthias Miersch (SPD). Was heißt das konkret, fragte der Sozialdemokrat und gab zur Antwort: Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien sei der Schlüssel, um in allen Sektoren die Emissionsminderungsziele zu erreichen.
FDP: Lassen Planwirtschaft hinter uns
Diese Bundesregierung bekenne sich nicht nur zu den Klimazielen, sagte Christian Dürr (FDP), sondern die Ampel steige nach Jahren der Planwirtschaft um auf einen marktwirtschaftlichen, technologieoffenen Klimaschutz.
AfD-Politiker Karsten Hilse erklärte, Voraussetzung für ein Gesetz sei, dass es nötig sei und dass es sein Ziel erreiche. Beides sei beim Klimaschutzgesetz nicht der Fall.
Janine Wissler von der Gruppe Die Linke sprach von einem "schwarzen Tag für den Klimaschutz" und einer "Lex Wissing": Die Ampel höhle ein Gesetz aus, nur weil der Verkehrsminister nicht gewillt sei, Maßnahmen zu ergreifen, um in seinem Sektor Treibhausgase einzusparen.
Nach dem Solarpaket-1 ist vor dem Solarpaket-2
Beschlossen wurde am Freitag auch das Solarpaket-1. Für den Entwurf der Bundesregierung "eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung" in der vom Ausschuss geänderten Fassung stimmten in namentlicher Abstimmung 384 Abgeordnete, 79 stimmten dagegen, 200 enthielten sich.
157 Seiten mit Änderungen
Das Solarpakt-1 enthält einen Strauß von Maßnahmen, die bis zum Jahr 2030 zu einer installierten Photovoltaik-Leistung von insgesamt 215 Gigawatt führen sollen. Das Änderungsgesetz soll Planung und Genehmigung vereinfachen. Zudem umfassen die Neuerungen Regulierungsänderungen für die Windenergie an Land und auf dem Meer und für die Bioenergie. Die Bundestagsdebatte offenbarte wie die Experten-Anhörung im Klima-Ausschuss weitgehende Zustimmung im Grundsätzlichen bei gleichzeitiger Kritik an Details zahlreicher Bestimmungen - verbunden mit dem Wunsch, es möge bald ein Solarpaket-2 mit Nachbesserungen geben.
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