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Foto: picture alliance/dpa/Armin Weigel
Dackelbesitzer demonstrieren in Regensburg, weil sie ein Zuchtverbot befürchten. Das neue Tierschutzgesetz will Zuchtmöglichkeiten wie zu krumme oder zu kurze Beine einschränken.

Reform des Tierschutzgesetzes : "Der Dackel darf bleiben"

Der Entwurf für eine Gesetzesnovelle des Tierschutzgesetzes stößt auf heftige Kritik. Die Opposition nennt die Vorschläge "vollkommen überzogen".

27.09.2024
True 2024-09-27T17:33:20.7200Z
4 Min

Fast 24.000 Menschen und 1.175 Dackel kamen am vergangenen Sonntag in Regensburg zu einem Treffen der besonderen Art zusammen. Die Herrchen und Frauchen protestierten gegen ein geplantes Zuchtverbot von Dackeln in Deutschland. Doch nicht nur Hundebesitzer kritisieren die Pläne zur Novellierung des Tierschutzgesetzes (TierSchG). Aus Sicht der Landwirtschaft drohen Wettbewerbsnachteile und eine Zunahme von Bürokratie, Tierschutzverbänden hingegen geht der Entwurf nicht weit genug. Ein ähnliches Bild bot die Debatte am Donnerstag während der ersten Lesung des Gesetzentwurfes im Bundestag.

Gesetz soll Qualzucht beenden

Der Vorschlag umfasst Änderungen in weiten Teilen der Tierhaltung. So soll Qualzucht beendet werden. Das im TierSchG vorhandene Qualzuchtverbot wird entsprechend um ein Ausstellungsverbot für Tiere mit Qualzuchtmerkmalen wie beispielsweise Atemnot und Haarlosigkeit ergänzt. Beim Online-Handel mit Tieren müssen die Anbieter ihre Daten hinterlegen. Tiere, die Merkmale von Qualzucht aufweisen, dürfen dort nicht mehr verkauft werden.

Die wichtigsten Änderungen im Tierschutzgesetz

🖥️ Das Qualzuchtverbot wird durch ein Ausstellungsverbot von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen ergänzt. Der Verkauf solcher Tiere auf Online-Plattformen wird verboten.

🐑 Anbindehaltung für Tiere soll verboten werden. Ausnahme: Für Betriebe mit weniger als 50 Rindern gilt die "kombinierte Anbindehaltung". 

🐘 Das Halten und das Zurschaustellen von Wildtieren wie Elefanten, Affen oder Nilpferden wird verboten.



Der Nutztierbereich steht vor ähnlichen Veränderungen. So soll die Anbindehaltung von Tieren "grundsätzlich untersagt" werden. Außerdem werden nicht-kurative Eingriffe wie das Schwanzkupieren bei Lämmern untersagt. In Schlachthöfen sollen Videoaufzeichnungen die dortigen Prozesse dokumentieren.

Zirkusbetreibern wird das Halten und die Zurschaustellung von Wildtieren untersagt. Bestandtiere können vom Zirkus zwar weiterhin gehalten werden, Neuanschaffung dieser Tiere ist jedoch nicht mehr möglich. Das Amt des Bundestierschutzbeauftragten soll im Tierschutzgesetz verankert werden, um den Tierschutz institutionell und strukturell zu stärken.

Grüne: Tierschutz ist seit 22 Jahren im Grundgesetz verankertes Staatsziel

Ophelia Nick (Grüne), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, erinnerte daran, dass der Tierschutz seit 22 Jahren im Grundgesetz verankertes Staatsziel ist, außerdem "wachsen die Erwartungen der Menschen an den Tierschutz ständig", sagte Nick. Die Bundesregierung schaffe "mit dem vorliegenden Upgrade bessere Voraussetzungen für den Tierschutz". Es gelte, strukturelle Defizite zu beseitigen und Gesetzeslücken zu schließen. Die Bundesregierung stärke mit dem Entwurf die Zucht gesunder Tiere: "Der Dackel darf bleiben." Neue Anforderungen an den Handel seien genauso notwendig wie die Änderungen in der Nutztierhaltung.


Zoe Mayer im Portrait
Foto: Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, S. Kaminski
„Realität und Anspruch beim Staatsziel könnten kaum größer sein.“
Zoe Mayer (Bündnis 90/Die Grünen)

Dem schloss sich Zoe Mayer (Grüne) an und bemerkte, "Realität und Anspruch beim Staatsziel könnten kaum größer sein". 90 Prozent der Menschen in Deutschland wünschten sich mehr Tierschutz. Jedoch sei das ganzjährige Anketten von Tieren, das Kupieren von Ohren und Schwänzen nach wie vor erlaubt, und das betäubungslose Kastrieren sei der "Status quo in diesem Land".

SPD: Zuchtziele müssen angepasst werden

Auch Susanne Mittag (SPD) verwies auf die Entwicklungen, die es in der Gesellschaft gegeben habe, seitdem der Tierschutz Staatsziel wurde. "In der Umwelt und in vielen anderen Bereichen sind wir auch vorangekommen", sagte Mittag. Auch im Tierschutz müsse Deutschland "nun vorankommen". So müssten Zuchtziele angepasst werden. Nicht das, was "wir Menschen schön finden, sollte Ziel sein, sondern das, was Tieren ein gesundes und langes Leben ermöglicht", sagte Mittag.

Ingo Bodtke (FDP) machte deutlich, dass der vorliegende Entwurf "maßgeblich die Handschrift der FDP" trage. Starre Regulierungen und nationale Alleingänge seien ausgeschlossen, und Standards über die EU-Vorschriften hinaus werde es mit der Novelle des Gesetzes nicht geben. Es gelte die Abwanderung von landwirtschaftlichen Betrieben ins Ausland zu verhindern.

Union sieht über 10.000 Milchviehbetriebe in Bayern durch das Gesetz bedroht

Genau das befürchtet die CDU/CSU-Fraktion. Hermann Färber (CDU) warnte vor zu starren Regelungen bei den nicht-kurativen Eingriffen. Vor allem bei der Schweinehaltung würden weitere Verschärfungen der Gesetze ausländische Halter begünstigen. Ferkel, die in Dänemark geboren werden und nach Deutschland zur Mast gebracht werden, würden im Fall eines Aufwachsens in der höchsten Haltungsstufe als "bio" gelten, obwohl ihnen in Dänemark die Schwänze gekürzt worden seien. "Und das vollkommen legal". Artur Auernhammer (CSU) kritisierte: "In "Sonntagsreden gibt es Loblieder auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft", aber das Gesetz bedrohe über 10.000 Milchviehbetriebe in Bayern und sei damit eine "grottenschlechte Vorlage".

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Auch Stephan Protschka (AfD) ließ kein gutes Haar an dem Gesetz. Der Entwurf habe nicht den Tierschutz zum Ziel, sondern wolle die private und berufliche Tierhaltung in Deutschland verbieten. Bürokratie und die Kosten der Tierhaltung würden mit dem Gesetz "in die Höhe getrieben", so dass sie sich für immer mehr Menschen nicht mehr rentiere.

Ina Latendorf (Linke) sprach von einem "Profitiergesetz", weil die Regierung es erlaube, Tiere aus ökonomischen Gründen leiden zu lassen. Die Videoüberwachung in Schlachthöfen "mag sinnvoll sein", jedoch sollten die "menschenverachtenden Arbeitsbedingungen abgeschafft werden, dann könnte dort auch sorgfältiger gearbeitet werden".

Amira Mohamed Ali (BSW) hielt der Bundesregierung vor, im Tierschutz weit hinter ihren Versprechen und Plänen zurückgeblieben zu sein. Lediglich die Einsetzung der Tierschutzbeauftragten Ariane Désirée Kari sei erfolgt. Expertin Kari sage zwar, was getan werden müsste, aber die "Bundesregierung tut es nicht".