Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft : EU-Pläne für weniger Pestizide sorgen für Kritik
Der Bundestag debattiert über die Pläne der EU, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter einzuschränken. CDU/CSU und AfD fordern eine Änderung der EU-Verordnung.
Die seit Monaten anhaltende, europaweite Kritik an der von der EU angedachten pauschalen Einschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft erreichte am vergangenen Donnerstag auch den Bundestag. Die Abgeordneten berieten über zwei Anträge. Die CDU/CSU-Fraktion und die AfD-Fraktion fordern darin jeweils die Änderung einer EU-Verordnung. Die Brüsseler Pläne sehen unter anderem ein Verbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in so genannten "sensiblen Gebieten" vor, in Deutschland sind laut Branchenverbänden mehr als 3,5 Millionen Hektar als solche Schutzgebiete ausgewiesen.
Die Union warnt vor einem Aus für den deutschen Weinanbau
Für Artur Auernhammer (CSU) wirkt der EU-Vorschlag "wie aus der Zeit gefallen". Weder würden die Auswirkungen des Ukraine-Krieges berücksichtigt, noch die Folgen für Landwirte in Deutschland. Sollten die Pläne von EU-Kommissar Frans Timmermans umgesetzt werden, würden alleine in Deutschland 700 Millionen Tonnen Weizen weniger produziert werden. Außerdem stünden bis zu 90 Prozent des Weinanbaus an der Mosel und des Obstanbaus vor dem Aus, warnte Auernhammer.
Frank Rinck (AfD) begründete den Antrag seiner Fraktion mit ähnlichen Argumenten, ergänzte jedoch noch, dass "in kaum einem anderen Land der Welt so hohe Standards in der Landwirtschaft gelten wie hierzulande". Deshalb sei es nicht hinzunehmen, dass mehr über internationale Handelsabkommen wie Ceta, TTIP oder Mercosur debattiert werde, die Lage der deutschen Landwirtschaft aber nur "selten im Fokus steht". Für seine Fraktion sei der Antrag der CDU/CSU eher dem Wahlkampf in Niedersachsen geschuldet, so Rinck.
Franziska Kersten (SPD) forderte mehr "Besonnenheit und Sachlichkeit" in der Debatte um die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Ziel müsse sein, den Gebrauch von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf "das Nötigste zu reduzieren". Das EU-Ziel, die Anwendung dieser Mittel bis 2030 um 50 Prozent zu kürzen, sei ambitioniert und müsse deshalb weiter diskutiert werden. Jedoch würde der von der Bundesregierung geplante Umbau nicht "ohne Veränderungen vonstattengehen", und das könne auch 15- bis 50-prozentige Ertragseinbußen bei den Ernten bedeuten.
Für ein komplettes Verbot chemischer Pflanzenschutzmittel tritt hingegen Karl Bär (Grüne) ein. Seiner Meinung nach hätten die Anträge der CDU/CSU-Fraktion und der AfD-Fraktion die Zeichen der Zeit nicht erkannt. "Die größte Krise ist die Klimakrise und die Krise der Biodiversität, und das ignorieren Sie", sagte Bär. Ziel müsse eine Landwirtschaft sein, die komplett ohne chemische Pestizide auskomme. "Wir müssen von den Ackergiften wegkommen", sagte Karl Bär.
Die FDP verteidigt die Landwirte
Dafür erhielt er Widerspruch von Gero Hocker (FDP). Kein Landwirt würde mehr Pflanzenschutzmittel als nötig ausbringen, "schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen", sagte Hocker. Die Pläne der EU würden dazu führen, dass das Angebot an Lebensmitteln sinke, das würde noch höhere Preise zur Folge haben. Das sei bei den derzeitigen Preissteigerungen "schlicht fahrlässig und verantwortungslos".
Sachverständige fordern, die Belastung der Umwelt durch Innovationen in neue Züchtungen und Pflanzenschutz zu minimieren. Einsatz von Glyphosat: Unionsfraktion will Glyphosat-Zulassung
Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung auf, die deutsche Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung anzupassen.
Ina Latendorf (Linke) hingegen unterstützt die EU-Pläne. Die Agrarbranche brauche einen Strukturwandel, der umweltgerecht und sozialverträglich gestaltet werde. Die Ankündigungen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), die geplanten Regelungen an Deutschland anzupassen, seien zu begrüßen, und "darauf haben wir jetzt ein Auge", so Latendorf. Beide Anträge wurden an den zuständigen Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.